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Art. 2.
1 Hilfsbedürftig ist, wer sich wegen Mangels eigener Mittel und Kräfte oder infolge
eines besonderen Notstandes den Notbedarf nicht verschaffen und ihn auch weder von den
Unterhalts= oder Unterstützungspflichtigen noch von der freiwilligen Armenpflege erlangen kann.
F Der Notbedarf besteht in dem, was zur Erhaltung des Lebens und der Gesundheit
sowie zur Erziehung und Ausbildung unentbehrlich ist.
III Wird eine Ehefrau oder werden noch nicht 16 Jahre alte Kinder unterstützt, so gilt
der unterhaltspflichtige Ehemann oder der unterhaltspflichtige Elternteil — bei unehelichen
Kindern die Mutter — als unterstützt, auch wenn die Unterstützung ohne oder gegen den
Willen der Unterhaltspflichtigen gewährt ist.
Art. 3.
1 Die öffentliche Armenunterstützung (Art. 1 Ziff. 1) beschränkt sich auf den Notbedarf.
I1 Die öffentliche Unterstützung, die jedem hilfsbedürftigen Deutschen im Rahmen des
Abs. I zu leisten ist, umfaßt die Pflicht:
1. den erforderlichen Lebensunterhalt, insbesondere Obdach, Nahrung, Kleidung,
Pflege zu gewähren,
2. die erforderliche Krankenhilfe zu leisten,
3. für die erforderliche Erziehung und Ausbildung der Kinder zu sorgen.
III Soweit nötig, ist die öffentliche Unterstützung durch Unterbringung in einer Anstalt
zu gewähren. Im Falle des Abs. II Ziff. 3 ist auf das Glaubensbekenntnis des Kindes
bei der Auswahl der Familie oder der Anstalt Rücksicht zu nehmen.
IV Außerdem hat die öffentliche Armenpflege für die einfache Beerdigung mittelloser Ver-
storbener zu sorgen; zur Bezahlung von Stolgebühren ist sie nicht verpflichtet.
V In Fällen dringender Not ist auch arbeitsfähigen Personen die Hilfe zu gewähren,
die aus Gründen der Sicherheit oder Sittlichkeit augenblicklich unentbehrlich ist.
Art. 4.
1 Wer öffentliche Armenunterstützung genießt, ist verpflichtet, sich nach Anordnung der
Armenverbände zu einer seinen Kräften angemessenen Arbeit innerhalb oder außerhalb einer
Beschäftigungsanstalt verwenden zu lassen. 1
II! Die Armenverbände sind berechtigt, arbeitsfähigen Personen, die trotz ernstlicher Be-
mühung keinen Erwerb finden, Arbeit zu ermitteln und anzuweisen.