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In denjenigen Orten oder Todtenschaubezirken, in denen Leichenhäuser oder Leichen-
kammern sich vorfinden, können jedoch solche Leichen, deren frühere Entfernung aus dem
Sterbehause von den Hinterbliebenen selbst gewünsche wird, dafern dem Todtenbeschauer
nach sorgfältiger Untersuchung in Beziehung auf die Moͤglicht eit einer Wiederbelebung
kein Bedenken dagegen beigeht, mit dessen Zustimmung in jenen Behaͤltnissen beigesetzt
und bis zu dem gesetzlich statthaften Zeitpuncte der Beerdigung daselbst aufbewahrt werden.
Sind die Hinterbliebenen der Beisetzung der Leiche im Leichenhause zwar entgegen,
wird aber diese Maaßregel vom Todtenbeschauer, entweder wegen zu beengter Raͤumlichkeit
in der Wohnung der Angehoͤrigen oder wegen der sonst vorhandenen Gefahr der Ansteckung
fuͤr die Ueberlebenden und Hausgenossen, in gesundheirspolizeilicher Hinsicht für unumgäng-
lcch nöthig erachter, so har derselbe deshalb Anzeige an die Polizeibehörde, oder, wo diese
nicht sofort zu erlangen ist, an die Localgerichtspersonen zu erstacten, und diesen die Er-
greifung der weicern Maaßregeln zu überlassen.
& 10. Die Anordnung wegen Beisetzung einer Leiche in der Leichenkammer har der
Todtenbeschauer jedesmal schriftlich zu ertheilen und durch die Leichenwäscherin unverzüglich
an den Aufseher der erstern zu ubersenden. Dabei ist zugleich über die Art und Weise
des Transporks, sowie der fernern Behandlung der Leiche in der Leichenkammer, das Nö-
chige zu bestimmen.
Die vorschrifesmäßigen Besuche §§ 7, 8, 9 hat der Todrenbeschauer auch bei den in
den Leichenkammern befindlichen Leichen fortzusetzen.
& 11. Wo es weder Leichenhäuser noch Leichenkammern giebe, gleichwohl die Beerdi-
gung einer Leiche noch vor Ablauf von 72 Stunden sich wegen der schnell überhand
nehmenden Fäulniß nach dem Ermessen des Todtenbeschauers als rathsam und unbedenklich
darstelle, so kann dieselbe ausnahmsweise zwar gestattet werden, jedoch nur unter der Be-
dingung, daß der Todtenbeschauer,
1.) wenn er selbst Arze erster oder zweiter Classe ist, den Befund der Leichenbesichri-
gung in Beziehung auf den Grad der stattfindenden Fäulniß und die hieraus sich
ergebende Nothwendigkeic der frühzeiceigen Beerdigung auf dem Leichenbestattungs-
scheine genau angebe;
2.) wenn er Wundarzt oder Nichtarzt ist, dem Leichenbestaktungsscheine eine schriff-
liche Bescheinigung eines Arzkes erster oder zweiter Classe darüber beifüge, daß
derselbe die untrüglichen Kennzeichen des Todes durch eingetretene Fäulniß an
der Leiche selbst wahrgenommen habe.
& 12. Sobald bei einer entweder im Sterbehause befindlichen, oder in der Leichen-
kammer beigesetzteen Leiche die § 9 erwähnten Kennzeichen im hinlänglichen Grade vorhan-
den sind, um an dem wirklichen Tode keinen Zweifel übrig zu lassen, so hat der Todten-