Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

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auch ein Gesangbuchslied, wie „Nun danket alle Gott —“ gesungen. 
Allgemein war der Brauch, daß verschiedene Schüsseln während der 
Mahlzeit herumgingen. In die erste, die sog. „Geheimnisschüssel“ (H.), 
so genannt, weil sie mit einem weißen Tuche bedeckt war, legten 
die Gäste allerhand Geschenke, meist aber Geld in kleinen Briefen mit 
guten Wünschen für das junge Paar, in die zweite kamen Geldspenden 
für die Fleischer und Dienstboten, in eine dritte für die Armen. In 
Gru. bat man auch für den Pfarrer und den Lehrer. Jenen beschenkten 
wohlhabende Bräute mit einem selbst gestickten Halstuche (M.). Das 
Gesinde wurde mit neuen Kleidungsstücken bedacht. 
Was nun die Sitzordnung betrifft, so saß das junge Paar im 
„Brautwinkel,“ d. h. in der Ecke der Stube, oft zwischen den beider- 
seitigen Paten, denen sich die Brautgespielen und die Gäste anreihten. 
Nahm aber der Hochzeitsvater am Essen mit teil, so saß er allein oben 
an, rechts von ihm an der nach der Hosseite gelegenen Langseite des 
Tisches das junge Paar, dem zunächst die Paten, dann die Brautgespielen 
und zuletzt die Gäste folgten. Die Hochzeitsmutter war gewöhnlich mit 
in der Küche tätig und ging, gleich ihrem Manne, während des ganzen 
Festtages mit vorgebundener blauer Schürze, was mancherorten noch 
Brauch ist. In S. spielt zuweilen auch der Vater des Bräutigams 
den Aufwärter, wie dem Hochzeitsvater liegt ihm die Sorge für die 
Getränke ob. 
Ahnlich dem geschilderten ist das Hochzeitsfest von heute in seinem 
Verlaufe. Nach dem Kaffee unmittelbar nach der Rückkehr aus der 
Kirche fährt man, wenn ein Gasthof nicht im Orte ist, gern in ein 
Nachbardorf zum Tanz und richtet die Rückfahrt so ein, daß man zu dem 
gewöhnlich um 8 Uhr stattfindenden Hochzeitsessen daheim ist. Auf der 
Heimfahrt oder dem Heimwege wird gern gesungen. Bei großen Hoch- 
zeiten bekommt jeder Musiker ein buntes Taschentuch. Zum Dank dafür 
begleiten die Beschenkten das junge Paar nach Hause, wobei sie sich 
die Tücher auf den Rücken hängen? (Mau.). Bei mittleren und kleinen 
Hochzeiten zeigt der Speisezettel meist folgende Zusammenstellung: Suppe, 
Sauerkraut und Schweinebraten, Preißelbeeren und Apfelmus mit 
Rosinen, Butter, Brot und Käse. Das Brot muß zwischen den Tellern 
des jungen Paares liegen (Ra.). Bei größeren Hochzeiten wird oft 
ein Schwein geschlachtet. Speisereste bekommen die Gäste mit nach 
1) Nach einem Statut von 1683 „Die Bestellung der Instrumentalmusik durch 
Johann Heinr. Müller betr.“, wodurch eine regelrechte „städtische Musikkompagnie“ 
oder, wie sie auch genannt ward, „musikalische Bande“ fest organisiert wurde und 
erwähnter Müller sonach als der erste Annaberger Stadtmusikdirektor zu gelten hat, 
war es bei Hochzeiten verboten, Trompeten und Pauken zu gebrauchen, falls nicht 
hierzu vom regierenden Bürgermeister Konzession eingeholt worden wäre. Doch 
auch ohne Trompeten und Pauken scheint es sowohl bei als auch nach der Hochzeit 
damals ziemlich lebhaft zugegangen zu sein; denn es mußte vom Rate u. a. folgendes 
verordnet werden: „Nach verrichteter Hochzeit, wenn man pfleget nach Hause zu 
gehen, sollen die musici nicht mit den Burschen auf den Straßen herumziehen, den 
Leuten Unruhe machen oder in andere Häuser laufen, wodurch bisweilen viel Unheil 
erfolget, es sei denn, daß die ganze Kompagnie angeredet wird, ein Ständchen zu 
machen oder mit einem guten Freunde zu gehen.“ — Die „musikal. Bande“ bestand
	        
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