Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1852. (18)

Wittwen. 
Geschiedene Frauen. 
Der älterlichen Pflege 
noch bedürfende 
Kinder. 
Heimatheschein. 
Gründe zur Aus- 
weisung. 
Bedingungen der 
Aufnahme. 
Verhaltschein. 
Dienstloses Gefinde, 
arbeitslose Diener 
und Gesellen. 
Einstweiliges Unter- 
kommen Schwangerer 
Aus Straf= und 
Besserungsanstalten 
Entlassene. 
Wie Heimathsangehö- 
rigkeit künftig nicht 
mehr begründet werde 
( 262 ) 
§ 12. Wittwen behalten die Heimath ihres letzten Ehemannes bei. 
13. Durch Trennung, oder Nichtigkeitserklärung eines Eheverbandes, ingleichen durch lebens- 
längliche Scheidung von Tisch und Bette erlischt die § 11 gedachte Wirkung der Ehe und es tritt 
daher mit der Trennung der letztern diejenige Heimath der geschiedenen Ehefrau wieder ein, welche 
sie vor Eingehung der getrennten Ehe hatte. 
§ 14. Bei Kindern noch lebender Aeltern, oder, in so fern diese verstorben sind, noch lebender 
Großältern, tritt die Heimathsangehörigkeit erst mit ihrem vollendeten 14ten Lebensjahre, oder, aus- 
nahmsweise, mit demjenigen spätern Zeitpunkte in Wirksamkeit, mit welchem der älterlichen oder groß- 
älterlichen Pflege noch länger bedürftige Kinder, nach dem Ermessen der Polizeibehörde, anfangen, 
dieser Pflege entbehren zu konnen, oder sobald es aus polizeilichen Gründen, und zwar vor oder 
nach dem 14ten Lebensjahre, nöthig wird, sie den Aeltern oder Großältern zu entnehmen. 
15. Die Ortspolizeibehörde hat, auf Verlangen desjenigen, der ein Interesse daran hat, über eine, 
nach den Bestimmungen dieses Gesetzes begründete Heimathsangehörigkeit einen Schein auszustellen. 
Dieser Schein (der Heimathsschein) begründet die § 4 ausgedrückte Verbindlichkeit des Heimathsbezirks. 
§ 16. In Beziehung auf gegenwärtiges Gesetz und die Armenversorgung können von dem Orte 
des bisherigen Aufenthalts, in so fern derselbe nicht zugleich der Heimathsort ist, ausgewiesen wer- 
den, alle diejenigen, welche, oder deren Angehörige 
a) während der Zeit des dermaligen Aufenthalts öffentliches Almosen in Anspruch genommen, oder 
b) gebettelt haben. 
Jedoch soll das Betteln der Kinder nur dann als Grund zur Ausweisung der Aeltern angesehen 
werden, wenn die Kinder, nachdem die Aeltern bereits von der Polizeibehörde bei Vermeidung der 
Ausweisung bedeutet worden sind, die Kinder vom Betteln abzuhalten, abermals gebettelt haben. 
§ 17. Keinem sächsischen Staatsangehörigen ist die Aufnahme und die Erlaubniß zur Nieder= 
lassung an einem andern, als dem Heimathsorte, zu versagen, sobald er 
a) einen Heimathsschein (8§ 15) und 
b) ein obrigkeitliches Zeugniß darüber, daß innerhalb des letzten Jahres wider ihn weder der 
16 gedachte, noch ein anderer polizeilicher Grund zur Ausweisung vorgekommen sei, 
(Verhaltschein), 
beizubringen vermag. 
Unbedingt kann die Aufnahme verweigert werden, wenn sich der polizeiliche Grund zur Aus- 
weisung auf die Verübung eines Verbrechens, oder ein unredliches oder unzüchtiges Gewerbe des 
Ausgewiesenen beziehet. 
Dagegen kann die Ausweisung dienstlosen Gesindes und arbeitsloser Diener oder Gesellen an 
sich den Grund, ihnen die Aufnahme an einem andern Orte zum Behuf bleibender Niederlassung zu 
verweigern, nicht abgeben. 
Auch darf eine schwangere Frauensperson, die an einem Orte für die Zeit ihrer Entbindung 
sich ein Unterkommen ermittelt hat, von da nicht zurückgewiesen oder entfernt werden. (Vergleiche § 10.) 
In wie weit in andern, als den vorstehend gedachten Fällen, erfolgte polizeiliche Ausweisungen 
als Grund der Aufnahmeverweigerung an einem andern Orte gelten können, hängt von dem Er- 
messen der Polizeibehörden im einzelnen Falle ab. 
8 18. Bei, den aus Straf= und Besserungsanstalten Entlassenen vertritt die Stelle des § 17 
gedachten Zeugnisses ein Zeugniß des Directors der Anstalt, daß der Entlassene durch Beweise seiner 
Besserung sich des öffentlichen Vertrauens wieder würdig gemacht habe. 
§ 19. Weder durch die Aufnahme und Aufenthaltsgestattung, in so fern sie nicht mit der, 
§ unter à 1 gedachten, ausdrücklichen Ertheilung der Heimathsangehörigkeit verbunden ist, oder 
einer der § 9 ausgedrückten Fälle eintritt, noch durch Beleihung mit einem Grundstücke, oder Ertheilung
	        
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