Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1859. (25)

Muttersprache 
und Rechnen. 
Pädagogik. 
(264 ) 
Während für den Gesangunterricht im Chore oder in einzelnen Seminarabtheilungen wö- 
chentlich mindestens drei, und für den Generalbaß wöchentlich eine Stunde für jede Seminar- 
classe getrennt anzusetzen sind, sind die übrigen Unterrichtsstunden für die musikalischen Uebun- 
gen von der größeren oder geringeren Anzahl der Zöglinge abhängig und darnach zu bestimmen. 
Die an den Seminaren angestellten Musiklehrer aber, und die Seminardirectoren, welchen 
die Ueberwachung jedes Unterrichtszweigs obliegt, haben vor Allem ihre Aufgabe darin zu 
finden, daß durch jede Art des Musikunterrichts der fast verloren gegangene geistlich= und 
kirchlich = musikalische Geschmack in dem Lehrerstande wieder erweckt und der Verweltlichung 
der Musik in der Kirche überhaupt und namentlich in dem modernen Orgelspiele gründlich ge- 
wehrt und abgeholfen werde. « 
§38.UnterdieLehrfächererstenRangesimSeminaregehörtfernerderUnterrichtin 
der Muttersprache und im Rechnen, weil Kenntniß und Fertigkeit darin die Grundlage der 
Elementarvolksbildung zu bürgerlicher Tüchtigkeit ausmachen. Es soll daher den Seminar— 
zöglingen in diesen Zweigen, wie bisher, ein vollständiger und gründlicher Unterricht, über 
dessen Form jedoch später zu reden sein wird, ertheilt werden. 
Uebrigens hat sich der deutsche Sprachunterricht sowohl auf Grammatik als Sthylistik zu 
erstrecken, jedoch in der Weise, daß in ersterer Beziehung von einem dürren und trockenen, viel- 
fach noch willkürlichen und noch nicht festgestellten Formalismus so weit als möglich abgesehen 
und der grammatikalische Sprachunterricht namentlich und hauptsächlich auch als Sprachdenk- 
lehre behandelt, an den Sprachunterricht aber das höhere Lesen und die Uebungen in der Vor- 
tragskunst, soweit sie dem Lehrer und besonders auch dem Kirchschullehrer beim Predigtlesen 
unentbehrlich sind, angeschlossen werden. Auf diesen Unterrichtszweig werden in den beiden 
untersten Seminarclassen wöchentlich mindestens vier, in den oberen drei und beziehendlich zwei 
Stunden zu verwenden sein. 
Das Rechnen, welches sowohl als Kopfrechnen wie als Tafelrechnen zu betreiben ist, hat 
von den vier Grundrechnungsarten in ganzen, gebrochenen und benannten Zahlen bis zu den 
Decimalzahlen, zum Ausziehen der Quadrat= und Kubikwurzel und zur Verhältnißrechnung 
fortzugehen, jedoch mit genauer methodischer Angabe, wie weit der Rechnenunterricht für die 
Elementarvolksschule gehöre. Derselbe ist, wo möglich durchgehend in getrennten Seminar- 
classen, in den beiden untersten in wöchentlich drei, in den obersten in wöchentlich zwei 
Stunden zu betreiben. 
39. Der letzte Gegenstand, über welchen die Seminarzöglinge einen vollständigen und 
eingehenden Unterricht zu empfangen haben, ist die Pädagogik oder Unterrichts= und Er- 
ziehungslehre in der oben unter § 32 bezeichneten Zusammenfassung. Dieselbe resumirt die 
gesammte Seminarvorbildung und schließt sie ab und vermittelt das keinem Stande entbehr- 
liche, klare und innig-bewußte Verständniß seiner besonderen Aufgaben und Pflichten, sowie
	        
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