Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1867. (33)

Gerichtsstand 
des Wohn- 
sitzes. 
Gerichtsstand 
der Gewerbs- 
Niederlassung. 
Gerichtsstand 
in Wechsel- 
sachen. 
— 240 — 
Hierdurch werden jedoch die in den beiden Staaten selbst über die Gerichtsstände und 
deren Zuständigkeit geltenden Bestimmungen nicht berührt; vielmehr haben die Gerichte ihre 
eigene Zuständigkeit nur nach den für sie geltenden Landesgesetzen zu beurtheilen. 
Art. 4. Für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten sind, soweit diese Uebereinkunft nicht 
Ausnahmen enthält, die Gerichte des Ortes als zuständig anzuerkennen, an welchem der Be- 
klagte seinen ordentlichen Wohnsitz hat. 
Ob diese Voraussetzung vorliege, insbesondere auch, ob in Bezug auf solche Personen, 
welche einen eigenen ordentlichen Wohnsitz noch nicht genommen haben, der Gerichtsstand 
des Wohnsitzes durch die Herkunft in dem Gerichtsstande der Eltern begründet sei, ist nach den 
Gesetzen des Staates, in welchem die Klage angestellt wird, zu beurtheilen. 
Hat der Beklagte seinen ordentlichen Wohnsitz an mehreren Orten, so ist der Gerichts- 
stand des Wohnsitzes bei den Gerichten eines jeden dieser Orte im Sinne dieser Uebereinkunft 
begründet. 
Für eine Handelsgesellschaft ist der Ort, an welchem dieselbe ihren Sitz hat, als der Ort 
ihres Wohnsitzes zu betrachten. 
In Bezug auf diejenigen Personen, welche überhaupt keinen ordentlichen Wohrnsitz oder 
voch keinen ordentlichen Wohnsitz in einem deutschen Staate haben, steht der Ort, an dem sie 
sich aufhalten, dem Orte des Wohnsitzes gleich. 
Art. 5. Wenn Personen an einem Orte, auch ohne daselbst einen ordentlichen Wohnsitz 
zu haben, als Studirende, Schüler oder Lehrlinge sich aufhalten, oder ihr Gewerbe in Ver- 
hältnissen ausüben, welche ihrer Natur nach einen Aufenthalt von längerer Dauer voraus- 
setzen, z. B. als Pachter, Handlungsdiener, Kunstgehülfen, Gesellen, Fabrikarbeiter, Dienstleute, 
so sind die Gerichte dieses Ortes für alle Klagen als zuständig anzuerkennen, welche gegen die 
bezeichneten Personen während der Dauer ihres dortigen Aufenthaltes wegen der daselbst durch 
Verträge, Handlungen oder Unterlassungen für sie entstandenen Verbindlichkeiten erhoben werden. 
Art. 6. Hat Jemand an einem Orte zum Betriebe einer Handlung, einer Fabrik oder 
eines anderen Gewerbes eine Niederlassung, von welcher aus unmittelbar Geschäfte geschlossen 
werden, so ist, auch wenn er an diesem Orte einen ordentlichen Wohnsitz nicht hat, die Zu- 
ständigkeit der Gerichte dieses Ortes im Sinne dieser Uebereinkunft für alle Klagen begründet, 
welche Ansprüche an die Niederlassung betreffen. 
Der Gerichtsstand der Niederlassung ist auch für Klagen gegen Diejenigen anzuerkennen, 
welche ein mit Wohn= und Wirthschaftsgebäuden versehenes Gut als Eigenthümer, Nutznießer 
oder Pachter bewirthschaften oder bewirthschaften lassen, soweit diese Klagen die auf die Be- 
wirthschaftung des Gutes sich beziehenden Rechtsverhältnisse betreffen. 
Art. 7. Der Gerichtsstand für Ansprüche, welche im Wechselprozesse geltend gemacht 
werden, wird durch die in dem Staate, in welchem eine Wechselklage angestellt wird, bestehen- 
den Gesetze bestimmt.
	        
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