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Ehrenrathe des nächsten Ehrengerichts Anzeige zu machen, welcher sodann die gütliche Aus—
gleichung in der im & 6 u. fg. vorgeschriebenen Art versuchen muß. Gelingt dieß nicht oder
ist der Aufenthalt der Betheiligten von zu kurzer Dauer, um die Ausgleichung zu bewirken,
so muß der Ehrenrath durch seinen Vorgesetzten die Ehrenräthe der Betheiligten von dem
Vorgange zur weiteren Veranlassung in Kenntniß setzen.
5.
Wird der Ehrenrath von Streitigkeiten oder Beleidigungen, die unter Offizieren vor-
gefallen sind, durch die Betheiligten oder auf andere Weise in Kenntniß gesetzt, so muß er
dem Commandanten zum weiteren Verfolg der Sache dieß anzeigen.
86.
Der Ehrenrath beginnt sodann die nöthigen Ermittelungen des Vorfalles. Diese Er—
mittelungen können durch mündliche Erkundigungen und Nachfragen erfolgen; hält es aber
der Ehrenrath für zweckmäßig, so kann von ihm auch ein jeder der Betheiligten zur Einreichung
eines schriftlichen Thatberichts veranlaßt werden.
87.
Die Untersuchung des Ehrenrathes hat hauptsächlich eine gütliche Ausgleichung zum
Zwecke. Deshalb muß der Ehrenrath durch Besprechung mit den Betheiligten und mit den
bei dem Vorfalle etwa zugegen gewesenen Zeugen eine möglichst genaue Kenntniß über das
Entstehen und den Hergang der Streitigkeit sich zu verschaffen suchen.
88.
Vor Allem ist es wichtig, die Ermittelung auf den Ursprung und die Ursachen der Streitig—
keit, sowie auf den eigentlichen Urheber und nicht blos auf die Betheiligten zu richten, indem
es häufig der Fall ist, daß weit früher schon besondere Lebensverhältnisse, Mißbrauch der
Dienstbefugnisse oder ungezügelte Laune den Keim zu Mißverständnissen gelegt haben, die bei
der kleinsten Veranlassung sodann heftig hervortreten.
89.
Ferner ist von dem Ehrenrathe auf die besonders aufregenden Umstände bei dem Vorgange
selbst, auf die Art der verübten Beleidigung und namentlich darauf, ob dieselbe in einer den
Offizierstand entehrenden Weise ausgesprochen ist, Rücksicht zu nehmen.
810.
Findet der Ehrenrath, daß der ganze Hergang ohne eine vorsätzliche Beleidigung nur auf
Misßverständnissen beruht, so hat er die Sühne zu versuchen, die, wenn sie von den Be-
theiligten angenommen wird, von dem Commandanten, unter dessen Leitung das Ehrengericht
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