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83. Gesuche um Zulassung zu dieser Prüfung sind bei dem Justizministerium anzu—
bringen. Dieselben werden in der Regel nur dann berücksichtigt, wenn der Bewerber glaubhaft
nachweist
1. daß er Staatsunterthan des Konigreichs Sachsen ist,
2. daß er nach beendetem rechtswissenschaftlichen Studium das juristische Examen bei der
Universität Leipzig mit Erfolg bestanden hat,
3. daß er seit dem Tage, an welchem ihm die Censur über dieses Examen ertheilt worden,
im Königreiche Sachsen mindestens vier Jahre lang mit Erfolg bemüht gewesen ist, sich in der
Rechtswissenschaft weitere Ausbildung und praktische Uebung zu verschaffen, und daß er wäh-
rend dieser ganzen Zeit in sittlicher Hinsicht zu einem Bedenken gegen die Uebertragung der
im § 1 gedachten Aemter oder der Advocatur keine Veranlassung gegeben hat. Der Be-
werber hat den Nachweis dieser Umstände durch Zeugnisse derjenigen Behörden, oder Advocaten
zu führen, bei welchen er seit dem Universitätsexamen beschäftigt gewesen ist; die Zeugnisse
von Advocaten müssen mit der Beglaubigung derjenigen Advocatenkammer versehen sein, in
deren Bezirke die Aussteller wohnen.
§ 4. Dem Ermessen des Justizministeriums bleibt es vorbehalten, auf Ansuchen rück-
sichtlich des Ortes der Universitätsprüfung, sowie rücksichtlich der Dauer und der Art der
praktischen Ausbildung Ausnahmen von den Bestimmungen im § 3 unter 2 und 3 aus
besonderen Gründen eintreten zu lassen.
5. Gesuche um Zulassung zur juristischen Staatsprüfung, welche nach Verlauf von
mehr, als acht Jahren, von dem Tage der Ertheilung der Censur über die Universitätsprüfung
des Bewerbers an gerechnet, angebracht werden, sollen in der Regel unberücksichtigt bleiben.
Doch kann denselben vom Justizministerium Ausnahmsweise dann stattgegeben werden, wenn
für die Verzögerung des Gesuchs triftige Gründe angeführt und, soweit nöthig, bescheinigt
worden sind.
6 6. Die Prüfung ist eine schriftliche und eine mündliche, nach folgenden näheren
Bestimmungen:
1. Dem Candidaten werden zu Vorbereitung eines mündlichen Vortrags und zu An-
fertigung eines Erkenntnisses mit besonderen Entscheidungsgründen Acten über einen Civil-=
prozeß vorgelegt.
2. Nach der Einreichung dieses Erkenntnisses bei dem Justizministerium, welche binnen
drei Monaten von dem Tage der Vorlegung der Acten an zu erfolgen hat, wird der Candidat
vor die Prüfungscommission geladen. Bei seinem Erscheinen wird demselben ein Actenstück
über einen Strafprozeß vorgelegt, und hat er binnen zwei Tagen über diesen Prozeß einen
mündlichen Vortrag vorzubereiten und ein Erkenntniß mit besonderen Cutscheidungsgründen
anzufertigen.