Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1868. (34)

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Zeugen, welche durch Krankheit oder Gebrechlichkeit vor Gericht zu erscheinen verhindert 
sind, werden in ihrer Wohnung abgehört, und es ist hiernach die richterliche Verfügung ent— 
sprechend einzurichten. 
Art. 216. 
Befindet sich der Zeuge außerhalb der Grenzen des Untersuchungsgerichts, so hat der 
Untersuchungsrichter das Gericht des Zeugen um dessen Abhörung, unter Angabe des Gegen— 
standes derselben, zu ersuchen oder den Zeugen, wenn es ohne besondere Belästigung desselben 
geschehen kann, oder wenn das Interesse der Untersuchung solches erfordert, zur Abhörung 
vor dem Untersuchungsgerichte vorzuladen, solchenfalls aber das Gericht des Zeugen von der 
Vorladung zu benachrichtigen. 
Der Mangel dieser Benachrichtigung ist jedoch als ein Nichtigkeitsgrund nicht anzusehen. 
Art. 217. 
Verfahren bei Verweigerung des Zeugnisses. 
Der Untersuchungsrichter kann, wenn dringende Vermuthung entsteht, daß der Zeuge 
seiner Verpflichtung zur Zeugnißablegung sich entziehen werde, sowie in anderen dringenden 
Fällen, sofort einen Vorführungsbefehl erlassen, auch in dem ersteren Falle den Zeugen, so 
lange es der Zweck der Untersuchung erfordert, in Sicherheitshaft nehmen. 
Art. 218. 
Bei unbegründeter Weigerung, das verlangte Zeugniß abzulegen, kann der Untersuchungs— 
richter den Zeugen durch Geldbuße, welche den Betrag von fünfzig Thalern nicht übersteigen 
darf, und bei fortgesetzter Weigerung, oder auch selbst sofort, durch Gefängnißzwang bis zu 
sechs Wochen zur Erfüllung seiner Pflicht anhalten oder durch den Richter seines Wohnorts 
anhalten lassen. 
Die Haft wird durch Ablegung des verweigerten Zeugnisses beendigt. 
Wird später die Hauptverhandlung eröffnet, so kann der Zeuge, der erstandenen Haft 
ungeachtet, anderweit vorgeladen, beziehendlich vorgeführt, und bei fernerer Verweigerung des 
Zeugnisses von dem erkennenden Gerichte nach Maßgabe des Art. 284 bestraft werden. 
Art. 219. 
Abhörung der Zeugen. 
Die Zeugen werden jeder einzeln und ohne daß der Angeschuldigte zugezogen wird, von 
dem Untersuchungsrichter abgehört. 
Der Untersuchungsrichter kann den Zeugen, wenn er es sür zweckmäßig erachtet, außer— 
halb der Gerichtsstelle, insbesondere an dem Orte, an welchem die That verübt oder die be— 
zügliche Wahrnehmung von dem Zeugen gemacht worden, abhören. 
1868. 148
	        
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