— 1112 —
Bei Abhörung von Zeugen, welche der deutschen Sprache, oder der Rede oder des Ge-
hörs, oder beider nicht mächtig sind, ist in Gemäßheit der Vorschriften der Art. 164, 165,
166 zu verfahren.
Art. 220.
Der Zeuge wird ermahnt, nach der ihm beiwohnenden Wissenschaft allenthalben die reine
und unverfälschte Wahrheit anzugeben, nichts zur Sache Gehöriges zu verschweigen und über-
haupt seine Aussage so einzurichten, daß er sie auf Erfordern mit unverletztem Gewissen eid-
lich bestärken könne.
Art. 221.
Der Richter fragt den Zeugen über Namen, Alter, Religion, Stand oder Gewerbe und
Wohnort, ob er mit dem Verletzten oder dem Angeschuldigten verwandt oder verschwägert oder
bekannt sei, nicht minder über seine sonstigen persönlichen Verhältnisse, namentlich in Beziehung
auf den Verletzten und den Angeschuldigten, soweit sie auf seine Aussagen und deren Glaub-
würdigkeit Einfluß haben können.
Art. 222.
Einrichtung der Befragung.
Bei der Abhörung über die Sache selbst ist der Zeuge von dem Gegenstande seines Zeug-
nisses, soweit nöthig, in Kenntniß zu setzen, sodann zu einer zusammenhängenden Erzählung
über letzteren aufzufordern, hierauf aber nach Befinden durch weiteres Befragen zur Ergänzung
derselben und zur Hebung von etwaigen Dunkelheiten oder Widersprüchen zu veranlassen.
Die Fragen an den Zeugen sind deutlich und bestimmt zu fassen und ist überall der
Grund seines Wissens zu erforschen.
Der Zeuge hat die Fragen mündlich (vergl. jedoch Art. 219 am Schlusse) zu beant-
worten; es können aber daneben von ihm freiwillig oder auf Verlangen des Richters schriftliche
nähere Nachweisungen und Auslassungen zu den Acten gegeben werden.
Vor dem Schlusse der Abhörung ist der Zeuge zu befragen, ob ihm noch ein zur Sache
gehöriger erheblicher Umstand bekannt sei. Auch kann ihm Stillschweigen wegen seiner Aus-
sage auferlegt werden.
Der Zeuge kanm die Beantwortung einer Frage ablehnen, wenn aus der Frage selbst er-
hellt oder sonst von dem Zeugen glaubhaft gemacht wird, daß eine Erklärung darauf zu seiner
eigenen Schande oder zur Schande eines seiner Angehörigen gereiche.
Würde die Ablegung des Zeugnisses oder die Beantwortung einer Frage für den Zeugen
einen unmittelbaren und bedeutenden Vermögensnachtheil nach sich ziehen, so soll er, wenn er
deshalb das Zeugniß verweigert, nur in besonders wichtigen Fällen dazu angehalten werden
können.