Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1868. (34)

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4. wenn der Verurtheilte nach dem Enderkenntnisse gerichtlich oder außergerichtlich ein 
Geständniß ablegt, oder andere neue Thatsachen sich ergeben, aus welchen hervorgeht, 
daß die Handlung desselben nach einem härteren Strafgesetze oder einem höheren ge- 
setzlichen Strafsatze zu beurtheilen gewesen wäre. Insbesondere soll dieß angenommen 
werden, wenn es sich um eine Erhöhung der Strafe wegen Rückfalls auf Grund zeit- 
her unbekannt gewesener Thatumstände handelt. Dagegen soll die Wiederaufnahme 
nicht stattfinden, wenn es sich nur um die Wahl einer höheren Strafe innerhalb des 
gesetzlichen Strafmaßes, sei es auch in Folge besonderer Erschwerungsgründe, handelt. 
Erfolgte die Einstellung oder Freisprechung, weil ein unrichtiger Antragsteller aufgetreten 
war, so kann die Untersuchung wieder aufgenommen werden, wenn der wirklich zum Antrage 
Berechtigte solches verlangt oder neue Umstände sich ergeben, welche zeigen, daß die Handlung, 
welche auf Antrag des Verletzten zur Untersuchung gezogen worden, von amtswegen zu unter- 
suchen sei. 
Außer diesen Fällen können zum Nachtheile des Angeklagten dieselben Thatsachen, welche 
schon Gegenstand der Verhandlung und Entscheidung waren, nicht nochmals Gegenstand der 
Verhandlung und rechtlichen Aburtheilung werden und zwar auch dann nicht, wenn die That 
einer anderen rechtlichen Auffassung, als früher geschehen, unterzogen werden könnte. 
Art. 387. 
Gründe der Wiederaufnahme zu Gunsten des Verurtheilten. 
Im Falle der Verurtheilung des Angeklagten kann die Wiederaufnahme der Untersuchung, 
und zwar selbst nach vollzogener Strafe, verlangt werden: 
1. wenn dargethan wird, daß Urkunden, welche gegen den Angeklagten vorgebracht worden, 
falsch oder verfälscht gewesen, oder daß Sachverständige oder Zeugen eine falsche Aus- 
sage erstattet haben, und das Erkenntniß zu seinem Nachtheile ganz oder theilweise 
auf jene Urkunden oder diese Aussagen gestützt worden ist, 
2. wenn dargethan wird, daß zum Zwecke der Benachtheiligung des Angeklagten ein Mit- 
glied des Gerichts oder der Vertheidiger bestochen gewesen ist, 
3. wenn neue Thatsachen oder Beweismittel beigebracht werden, welche allein oder in 
Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen geeignet sind, die Freisprechung des 
Angeklagten oder seine Beurtheilung nach einem milderen Gesetze oder einem milderen 
Strafsatze als dem angewendeten herbeizuführen, 
4. wenn wegen derselben That zwei oder mehrere Personen durch verschiedene Erkenntnisse 
verurtheilt worden sind, und bei der Vergleichung dieser Erkenntnisse, sowie der ihnen 
unterliegenden Thatsachen die Unschuld einer oder mehrerer dieser Personen noth- 
wendig anzunehmen ist.
	        
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