Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1868. (34)

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Mitwirkung der Staatsanwaltschaft und Vertheidigung auch für das Verfahren vor dem Ge- 
schwornengerichte. 
43. 
Der Präsident kann nach Vorlesung des Anklageerkenntnisses dasselbe den Geschwornen 
durch nähere Darlegung seines Juhalts erläutern. 
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44. 
Die Zeugen werden entweder vor oder nach ihrer Abhörung vereidet. Von der Vereidung 
ist nur abzusehen, wenn 
a) der Zeuge die Vereidung abzulehnen befugt ist und von diesem Befugnisse Gebrauch 
macht, oder wenn 
b) der Zeuge eidesunfähig ist, oder wenn 
c) nach der Ansicht des Gerichtshofs die Vereidung mit Rücksicht darauf, daß die Aussage 
als unwahr sich darstellt, bedenklich erscheint, oder wenn 
d) der Staatsanwalt und der Vertheidiger übereinstimmend auf die Vereidung verzichten, 
oder wenn 
e) der Zeuge bereits früher vereidet worden und auf den geleisteten Eid zu verweisen ist. 
Es können jevoch die Geschwornen, wenn sie bei der Berathung über den Wahrspruch 
sich davon überzeugen, daß die Aussage in dem Falle unter c nicht als unwahr sich darstelle, 
oder daß die Aussage in dem Falle unter d als erheblich anzusehen und ihre Beeidung an- 
gemessen sei, hierauf nachträglich antragen. Diesem Antrage ist von dem Gerichte Folge zu 
geben. Die Vorschrift des Art. 224, Abs. 3 der Strafprozeßordnung bleibt in Geltung. 
Die Unterlassung der Bemerkung wegen der eidlichen Bestärkung einer vorgelesenen Aus- 
sage in den Fällen des Art. 289 der Strafprozeßordnung begründet die Nichtigkeitsbeschwerde 
des Angeklagten gegen das Erkenntniß, wenn die Aussage unbeeidet gewesen. 
45. 
Jeder Geschworne kann nach dem Schlusse der Befragung an die Zeugen und Sachver- 
ständigen, sowie an den Angeklagten Fragen stellen. 
Nicht minder kann jeder Geschworne von dem Präsidenten verlangen, daß derselbe über 
einzelne Thatsachen, welche den Gegenstand der Befragung gebildet haben, anderweite Fragen 
an den Befragten richte und dadurch die von dem Geschwornen verlangte nähere Aufklärung 
verschaffe. 
846. 
Die Bestimmung in der Strafprozeßordnung Art. 291, Abs. 2 leidet auf die Verhand- 
lung vor den Geschwornengerichten nicht Anwendung.
	        
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