Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1868. (34)

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4. Ebenso soll die Entlassung von Soldaten, hinsichtlich derer die Reclamationen von 
den Ersatz-Behörden vor ihrer Einstellung den Vorschriften gemäs abgelehnt worden sind, in 
Folge der nach § 108, 7 gegen diese Entscheidung eingelegten Berufung nur aus besonderen, 
in den jeweiligen eigenthümlichen Verhältnissen des Reclamirten begründeten Billigkeitsrück- 
sichten erfolgen, und zwar der Regel nach erst zu dem ad 3 angegebenen Zeitpunkte. 
5. Anträge auf Entlassung von Soldaten, welche sich bei mobilen Truppen im Dienste 
befinden, aus Veranlassung häuslicher 2c. Verhältnisse, sind in der Regel abzulehnen. Eine 
ausnahmsweise Berücksichtigung derselben kann nur dann eintreten, wenn die vorstehend ad?2 
angegebenen oder solche Gründe im vollsten Maße vorliegen, welche nach den anderweitig 
bestehenden Bestimmungen die Zurückstellung von Reservisten und Landwehrleuten zulässig 
machen. 
6. Sollte es vorkommen, daß ein Soldat ungeachtet der Vorschriften der 88 38, 39 
und 77 eingestellt worden ist, weil die von demselben verübten Verbrechen 2c. erst nach seiner 
Einstellung bekannt geworden sind, so steht die Untersuchung dem Militärgerichte nur in dem 
Falle zu, wenn die wahrscheinlich zu erwartende Strafe eine achtwöchentliche Gefängnißstrafe") 
nicht übersteigt. Ist eine längere Freiheitsstrafe zu erwarten, so muß der Angeschuldigte ent- 
lassen und die Untersuchung dem competenten Civilgerichte überwiesen werden. 
Dieses Verfahren findet auch statt, wenn die Untersuchung bei dem Civilgerichte eingeleitet 
und das Erkenntniß erster Instanz dem Angeschuldigten vor dem Eintritte in den Dienststand 
noch nicht publicirt ist. 
War das Erkenntniß erster Instanz dem Angeschuldigten vor dem Eintritte in den Dienst- 
stand bereits publicirt, so verbleibt die fernere Verhandlung und die Entscheidung in zweiter In- 
stanz dem Civilgerichte, von welchem das Urtheil, sobald es die Rechtskraft erlangt hat, dem 
Militärgerichte zuzufertigen ist. 
Ist von dem Civilgerichte rechtskräftig erkannt und übersteigt die erkannte Freiheitsstrafe 
nicht eine Gefängnißstrafe von acht Wochen, so ist dieselbe durch das Militärgericht in eine 
verhältnißmäßige Militärstrafe umzuwandeln und zur Vollstreckung zu bringen; übersteigt aber 
die Militärstrafe eine achtwöchentliche Gefängnißstrafe, so muß der Angeschuldigte zur Dispo- 
sition der Ersatz-Behörden entlassen und an das Civilgericht zur Vollstreckung der Strafe ab- 
geliefert werden. 
7. Soldaten, welche vor ihrer Einstellung zum Dienste ein Verbrechen oder Vergehen 
verübt haben, welches sie nach 6 37 moralisch unfähig zum Militärdienste macht, oder welches 
mit zeitiger Untersagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte bedroht ist, und Soldaten, 
welche noch unter der Wirkung einer derartigen Ehrenstrafe stehen, wenn das betreffende Er- 
*) Unter achtwöchentlicher Gefängnißstrafe ist eine bürgerliche Freiheitsstrafe verstanden, welche bei Um— 
wandlung in eine verhältnißmäßige Militärstrafe einen sechswöchentlichen Mittelarrest nicht übersteigt.
	        
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