Object: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1899. (76)

86 JNas Benuische Reitz und seine einzelnen Glieder. (Juni 24.—26.) 
Kommission für praktisch unbrauchbar und schädlich. Durch Einführung 
der Regreßpflicht würde die Jagdpacht fallen und die Gemeinden viele Ein- 
nahmen verlieren. Der Hase thue den Feldern fast keinen Schaden und 
gegen die Schäden an Baumpflanzungen und Gärtnereien müßten sich die 
Besitzer selbst schützen. Abg. v. Stein (kons.): Die Konservativen würden 
im Falle der Annahme der Kommissionsvorschläge gegen das Bürgerl. 
Gesetzbuch stimmen. Abg. Dr. Lieber (3.): Das Zentrum wolle infolge 
dieser Erklärung lieber auf § 819 verzichten, als das Gesetzbuch gefährden. 
In namentlicher Abstimmung wird darauf die Aufrechterhaltung 
der Hasen in § 819 a mit 178 gegen 69 Stimmen abgelehnt. Mit den 
Sozialdemokraten, den Freisinnigen und der Volkspartei stimmen für die 
Aufrechterhaltung vom Zentrum die Abgg. Fusangel, Humann, Nadbyl, 
v. Strombeck, Szmula, Wattendorff, Spahn, Burger und Brandenburg, 
von den Nationalliberalen die Abgg. Osann und Weber-Heidelberg; ferner 
der Welfe v. Hodenberg und die Elsäßer Simonis und Winterer; mit der 
Mehrheit stimmt der Abg. Maager von der freisinnigen Vereinigung. 
§ 819 wird darauf nach der Vorlage unter Zufügung der Fasanen, 
aber mit Ausschluß der Hasen angenommen. 
§ 819a wird gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und der 
Freisinnigen gestrichen. 
24./25. Juni. (Reichstag.) Zweite Beratung des Bürger- 
lichen Gesetzbuches. Familienrecht. Eheschließung. 
Ein Antrag Graf Roon (kons.) will die obligator. Zivilehe durch 
die fakultative ersetzen. Abg. Dr. Lieber (Z.): Das Zentrum betrachte die 
Ehe als ein Sakrament und halte an der Auffassung fest, daß die Ehe 
nur von der Kirche geschlossen werden könne und die Zivilehe eine schwere 
Schädigung der kirchlichen Interessen sei. Er bedaure, daß diese Ansicht 
nicht durchgedrungen sei. Da aber die Zivilehe seit 20 Jahren gesetzlich 
bestehe, könnte das Zentrum dem konservativen Antrag auf fakultative 
Zivilehe nicht zustimmen, mache jedoch seine definitive Stellungnahme von 
dem Verlauf der weiteren Beratung abhängig. Abg. Graf Roon: Die 
Zivilehe sei ein Kampfgesetz und unvereinbar mit deutscher Anschauung. 
Staatssekr. Dr. Nieberding weist namentlich auf die geschäftlichen und 
formellen Folgen einer Aenderung des jetzigen Zustandes hin, auf die 
großen Schwierigkeiten, die sowohl dem Geistlichen, wie dem Standesbe- 
amten, wie dem Publikum fortdauernd erwachsen würden, und bittet drin- 
gend, es bei dem bestehenden Rechtszustand, welcher sich seit 20 Jahren 
bewährt habe, zu belassen. Gegen die Anträge spricht ferner Abg. Bebel 
(Soz.), dafür — oft von großer Heiterkeit unterbrochen — Abg. Schall 
(kons.). Hierauf werden sie in namentlicher Abstimmung mit 196 gegen 
33 Stimmen abgelehnt. — Am folgenden Tage werden mehrere Anträge 
v. Stumm und der Sozialdemokraten auf Gütertrennung zwischen den 
Ehegatten abgelehnt. 
26. Juni. (Reichstag.) Zweite Beratung des Bürger- 
lichen Gesetzbuches. Ehescheidung, falls der eine Ehegatte geistes- 
krank ist, verboten. 
In der Vorlage lautet § 1552: „Ein Ehegatte kann auf Scheidung 
klagen, wenn der andere Ehegatte in Geisteskrankheit verfallen ist, die 
Krankheit während der Ehe mindestens 3 Jahre gedauert und einen solchen 
Grad erreicht hat, daß die geistige Gemeinschaft zwischen den Ehegatten 
aufgehoben, auch jede Aussicht auf Wiederherstellung dieser Gemeinschaft 
ausgeschlossen ist."
	        
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