Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1876. (42)

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Von den Vorschriften in Abs. 1 kann die Staatsregierung im einzelnen Falle aus 
erheblichen Gründen entbinden. 
In keinem Falle darf zu einem geistlichen Amte berufen werden, wer in einem 
unter Leitung des Jesuitenordens oder einer diesem Orden verwandten religiösen Ge— 
nossenschaft stehenden Seminare seine Vorbildung erlangt hat. 
8 22. Candidaten, welche nicht ihre Vorbildung nach § 21, Abs. 1 dargethan 
haben, müssen eine besondere wissenschaftliche Prüfung bestehen. 
Diese Prüfung ist mit der theologischen Amtsprüfung zu verbinden und darauf 
zu richten, ob sich der Candidat die für seinen Beruf erforderliche allgemeine wissen- 
schaftliche Bildung erworben habe. 
Die Prüfung erfolgt öffentlich, unter Theilnahme eines von der Staatsregierung 
ernannten Commissars. 
Ueber den Erfolg der wissenschaftlichen Prüfung entscheidet die Prüfungscommission 
für die theologische Amtsprüfung im Verein mit dem Commissar der Staatsregierung, 
bei Meinungsverschiedenheiten zwischen beiden die letztere. 
& 23. Auf Personen, welche vor Verkündung dieses Gesetzes in einem geistlichen 
Amte innerhalb des Königreichs Sachsen angestellt worden sind, und auf Staats- 
angehörige, welche vor jenem Zeitpunkte die Fähigkeit zur Anstellung in einem geist- 
lichen Amte erlangt haben, finden die Vorschriften dieses Gesetzes über den Nachweis 
wissenschaftlicher Vorbildung und Befähigung keine Anwendung. 
624. Zu einem geistlichen Amte darf nicht berufen werden, wer wegen eines 
Verbrechens oder Vergehens, das im deutschen Strafgesetzbuche mit Zuchthaus oder 
dem Verluste der bürgerlichen Ehrenrechte oder dem der öffentlichen Aemter bedroht 
ist, verurtheilt worden ist oder sich in Untersuchung befindet. 
Auch darf die Staatsregierung den zu einem geistlichen Amte Gewählten zurück- 
weisen, wenn wider ihn auf Grund seines bisherigen Verhaltens die Annahme gerecht- 
fertigt ist, daß er den Staatsgesetzen oder den innerhalb ihrer gesetzlichen Zuständigkeit 
erlassenen Anordnungen der Obrigkeit entgegenwirken oder den öffentlichen Frieden 
stören werde. 
625. Jede Erledigung eines geistlichen Amtes, desgleichen jede Ernennung zu 
einem geistlichen Amte ist der Staatsregierung von der katholisch-geistlichen Behörde 
des Bezirks sofort anzuzeigen. 
Der Anzeige über die Ernennung sind die zur Prüfung nach §§ 19 fg. erforder- 
lichen Unterlagen beizufügen. 
Erst wenn darauf von der Staatsregierung eröffnet worden ist, daß den Erforder- 
nissen dieses Gesetzes genügt ist, darf die Uebertragung des geistlichen Amtes an den 
Ernannten geschehen.
	        
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