Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1900. (66)

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Die auf den Kranken bezüglichen, zur Aufnahme in die ärztlichen Zeugnisse nicht ge- 
eigneten Familienverhältnisse sind dem Leiter der Privat-Irrenanstalt, welcher darüber 
die strengste Verschwiegenheit zu beobachten hat, besonders mitzutheilen. 
#&# 2. In ganz besonderen Ausnahmefällen, in denen die Zurückweisung eines der 
Anstalt unangemeldet zugeführten Geisteskranken oder Geistesschwachen offenbar nicht 
ohne dringende Gefahr für ihn selbst oder für Andere thunlich sein sollte, darf die Auf- 
nahme vorläufig ohne ärztliches Zeugniß erfolgen, doch ist solchenfalls letzteres binnen 
drei Tagen nachträglich zu beschaffen, sofern dies aber unthunlich ist, die aufgenommene 
Person innerhalb fünf Tagen von dem zuständigen Bezirksarzte zu untersuchen und die 
Nothwendigkeit ihrer Aufnahme in die Anstalt zu bescheinigen. 
3,Wird ein unter Vormundschaft oder elterlicher Gewalt stehender Kranker auf- 
genommen, so hat der Anstaltsleiter die Zustimmung des Vormundes oder des Gewalt- 
habers (Vater oder Mutter) zu erfordern. 
Wird diese Zustimmung nicht binnen vier Wochen, von dem Erfordern ab gerechnet, 
ertheilt, so hat vorbehältlich der Bestimmungen in § 5 Absatz 2, § 9 Absatz 2 die Ent- 
lassung des Kranken zu erfolgen. 
&.Ist festgestellt worden, daß ein in die Anstalt aufgenommener, weder unter 
elterlicher Gewalt noch unter Vormundschaft stehender Kranker in der That geisteskrank 
oder geistesschwach ist, so hat der Anstaltsleiter von der geistigen Erkrankung alsbald der 
Staatsanwaltschaft Anzeige zu erstatten, in deren Bezirk der Kranke seinen Wohnsitz 
oder, wenn er keinen Wohnsitz im Deutschen Reiche hat, seinen Aufenthalt hat. 
Wird der Kranke infolgedessen unter Vormundschaft gestellt, so ist zur ferneren Bei- 
behaltung desselben in der Anstalt die Zustimmung des Vormundes zu erfordern. Wird 
diese nicht binnen vier Wochen von dem Erfordern ab ertheilt, so ist der Kranke vor- 
behältlich der Bestimmungen in § 5 Absatz 2, § 9 Absatz 2 aus der Anstalt zu entlassen. 
5.Die Entlassung des Geisteskranken oder Geistesschwachen hat zu erfolgen, wenn 
derselbe genesen ist oder sobald dessen gesetzlicher Vertreter die Entlassung verlangt. 
Gemeingefährliche Geisteskranke oder Geistesschwache dürfen nur dann entlassen 
werden, wenn die Polizeibehörde des künftigen Wohnortes bescheinigt, daß für genügende 
Beaufsichtigung und Sicherung des zu Entlassenden Sorge getragen sei. 
#6. Den Privat-Frrenanstalten ist es gestattet, freiwillige Pensionäre, 
d. h. solche Kranke aufzunehmen, die aus eigener Entschließung in die Anstalt einzutreten 
wünschen. 6 
Zur Aufnahme eines freiwilligen Kranken ist erforderlich: 
1. ein ärztliches, die Zweckmäßigkeit der Aufnahme in die Anstalt bescheinigendes 
Zeugniß,
	        
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