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Nr. 77. Verordnung,
das Verhalten der Leichenbegleitungen bei Beerdigungen auf evangelisch—
lutherischen Gottesäckern betreffend,
vom 15. November 1907.
Durch Verordnung des Evangelisch-lutherischen Landeskonsistoriums, das Verhalten der
Leichenbegleitungen bei Beerdigungen auf evangelisch-lutherischen Gottesäckern betreffend,
vom 24. April 1883 (Konsistorialblatt S. 75) sind bei Beerdigungen auf evangelisch—
lutherischen Gottesäckern ohne Unterschied der Konfession und Religion der zu Beerdigenden
ausdrücklich verboten worden
1. die Veranstaltung von Leichenkondukten, welche nicht sowohl eine Kundgebung der
persönlichen Liebe und Achtung für die Verstorbenen als die Demonstration einer
der Kirche sowie der staatlichen Ordnung feindlichen Gesinnung bezwecken,
2 das dieser Absicht entsprechende Führen und Tragen von Fahnen und Abzeichen bei
Leichenbestattungen,
3. das Reden am Grabe ohne vorgängige Zustimmung des Ortsgeistlichen,
4. das unbefugte, mit dem Ernst der Handlung sowie der Würde des Orts nicht im
Einklang stehende Sprechen am Grabe überhaupt,
5. die unangemessenen lauten Beifallsäußerungen durch „Bravo“ und „Hurra“ und
andere derartige Zurufe im Anschluß an die am Grabe gesprochenen Worte, sowie
auch sonst
6. ein der Handlung und dem Orte nicht entsprechendes lautes und unpassendes Be-
tragen, Tabakrauchen und dergleichen.
Zuwiderhandlungen gegen diese Vorschriften sind, soweit nicht nach den allgemeinen
Strafgesetzen eine härtere Strafe verwirkt ist, mit Geldstrafen bis zu 150 % oder Haft
bis zu 14 Tagen zu ahnden.
Dresden, den 1 5. November 1907.
Die Ministerien des Innern und des Kultus
und öffentlichen Unterrichts.
Dr. Graf v. Hohenthal u. Bergen. v. Schlieben.
Kotte.