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B. Studienanstalt.
8 14. Bekanntschaft mit den Grundzügen des Entwicklungsganges der deutschen Lehrziel.
Literatur und Sprache; Vertrautheit mit den Meisterwerken der deutschen Dichtung
und Fähigkeit, sich in ein literarisches Kunstwerk selbsttätig denkend und fühlend zu
vertiefen; gereifteres Verständnis für das Leben der Sprache und das deutsche Volks—
tum, wie es sich in seiner Sprache und Literatur darstellt; Fähigkeit gewandter und
geschmackvoller, mündlicher und schriftlicher Darstellung, besonders logischer, über—
sichtlicher Anordnung größerer Gedankengänge und einer sowohl der Natur der Stoffe
als auch der Eigenart der Darstellenden angemessenen Ausdrucksweise.
Obersekunda: 4 Stunden.
§ 15. Geschichte der deutschen Literatur in ihren Grundzügen von der ältesten Verteilung des
Zeit bis zum Ausgange des Mittelalters. Lährstoffes
Lektüre der hervorragendsten Dichtungen dieser Zeit: althochdeutsche in guter
Übersetzung; geschlossene Abschnitte aus dem Nibelungenliede (und Gudrunliede) und
aus dem Parzival Wolframs von Eschenbach, der arme Heinrich Hartmanns von
Aue, reichliche Auswahl aus Walter von der Vogelweide — zum Teil in der Ursprache.
Daneben Scheffels Ekkehard; Abhandlungen über deutsche Mythologie und Sage und
mittelalterliche Literatur und Kultur.
Die Entwicklung der deutschen Sprache bis zum Ausgange des Mittelalters.
Sprachlehre des Mittelhochdeutschen, soweit sie durch die Lektüre geeigneter Schrift-
werke im Urtexte gefordert wird.
Grundzüge der Phonetik und Metrik; das Wichtigste über die deutsche Verskunst
des Mittelalters. — Die pvoetischen Ausdrucksmittel, besonders die der mittelhoch-
deutschen Kunstwerke, namentlich Tropen und Figuren.
Übungen in mündlicher und schriftlicher Darstellung, vornehmlich im Anschluß
an die Lektüre. Dispositionsübungen.
Sechs Aufsätze im Jahre (Erörterungen, Abhandlungen, Charakteristiken); daneben
gelegentlich kürzere Klassenarbeiten.
Unterprima: 4 Stunden.
Grundzüge der Geschichte der deutschen Literatur von Luther bis zum Beginn der
klassischen Periode Goethes (bis zur italienischen Reise) und Schillers (bis zum Don
Carlos).
Lektüre: ein bis zwei weltliche Schriften Luthers, ein Drama von Hans Sachs,
eine Auswahl Klopstockscher Oden, eine kleine Abhandlung Lessings, Stücke aus dem
Laokoon und der Hamburgischen Dramaturgie, Nathan, Stücke aus Herders Frag-
menten und Kritischen Wäldern, Goethes Leiden des jungen Werther, aus Goethes
1910. 91