Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1910. (76)

Lehrziel. 
— 712 — 
kommt, wie die Physik wegen ihres Einflusses auf Technik, Lebensführung und Welt— 
anschauung von großer Bedeutung für die allgemeine Kulturentwicklung geworden ist. 
3. Der Unterricht darf nie ein vorwiegend mathematisch-deduktives Gepräge an— 
nehmen. Das Experiment bleibt auf allen Stufen das Hauptunterrichtsmittel, wenn 
auch in den Oberklassen namentlich der realgymnasialen Abteilung daneben mathe- 
matische Formulierung und Verknüpfung der physikalischen Gesetze in ihr Recht treten. 
Dem entsprechend soll auch die physikalische Arbeit in den Prüfungen (§ 61, 3 und 
§ 71) dem Charakter der Physik als einer Erfahrungswissenschaft gerecht werden, also 
nicht in mathematischen Formeln und Berechnungen aufgehen. 
4. Die einmalige Vorführung der meisten Gebiete der Physik legt dem Lehrer 
in besonderem Maße die Verpflichtung auf, in den Oberklassen immer auf die früheren 
Jahrgänge zurückzugreifen und so ein einheitlich geschlossenes Bild von der Gesamtheit 
der physikalischen Tatsachen zu erzeugen. 
5. Auch in der Physik ist jederzeit in scharfer Weise zwischen Hypothese und 
sicherem wissenschaftlichem Ergebnisse zu unterscheiden. 
6. Der Physikunterricht wird als Schule des Beobachtens um so erfolgreicher sein, 
je mehr die Schülerinnen zu selbständiger Mitarbeit herangezogen werden. Es gilt 
daher, Schülerübungen planmäßig in den Unterricht einzufügen. Ihre besondere 
Gestaltung wird den einzelnen Schulen nach den an ihnen bestehenden Verhältnissen 
zu überlassen sein. 
Malbematik. 
§ 36. Am Schlusse des Lehrganges müssen die Schülerinnen in der Arithmetik 
und Algebra einen klaren Überblick über den Aufbau der sieben Rechnungsarten 
haben, arithmetische Umformungen geschickt und mit Verständnis für die Gründe des 
dabei einzuschlagenden Verfahrens ausführen können; sie müssen den Begriff Funk- 
tion im Rahmen des Schulunterrichts klar erfaßt haben und imstande sein, nicht zu 
schwere Aufgaben aus dem Anwendungsgebiete der einfacheren unendlichen Reihen 
und des binomischen Lehrsatzes, dazu auch Gleichungen mit zwei Unbekannten vom 
2. Grade zu lösen. Von den Schülerinnen der realgymnasialen Abteilung wird auch 
die Fähigkeit, kubische Gleichungen zu lösen, verlangt. 
In der Geometrie müssen alle Schülerinnen im Rahmen des genossenen Schul- 
unterrichts sichere Kenntnisse im Gebiete der Planimetrie, Trigonometrie, Stereo- 
metrie und der elementaren mathematischen Erdkunde besitzen und schulmäßige Auf- 
gaben aus diesen Gebieten, die nicht künstlich schwer gemacht sind, lösen können. 
Für die Schülerinnen der realgymnasialen Abteilung treten die gleichen Forderungen 
für die elementare analytische Geometrie der Ebene hinzu.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.