Contents: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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unwichtigeren, werden wohl für lange Zeiten, wenn nicht für 
immer, verborgen bleiben. Aber immerhin ist in den beiden 
letzten Jahrzehnten doch so manches an die Offentlichkeit gegeben 
worden, was einen klareren Einblick in die Verhältnisse und eine 
unparteilichere Beurteilung zuläßt. Auch hat die Zeit manches 
scharfe Urteil gemildert; die nationalen Erfolge, die bald nach 
Abschluß jenes Kampfes zu reifen begannen, die weiterhin sich 
anschließende Entwicklung lassen uns heute mit Ruhe und Ob- 
jektivität auf jenes Zeitalter bitteren Hasses zurückschauen. 
Zum Verständnis der ziemlich verschlungenen Fäden der 
Entwicklung insbesondere vor dem Kriege muß man folgende Punkte 
festhalten. Die Annexion Schleswig-Holsteins war, nachdem der 
Erbprinz Friedrich die ihm gestellten Bedingungen abgelehnt hatte, 
für Preußen zu einer politischen Notwendigkeit geworden. Öster- 
reich meinte diesen Machtzuwachs Preußens ohne ein Aquivalent 
für sich selbst nicht zugeben zu dürfen, das nach Preußens Auf- 
fassung höchstens in Geld bestehen konnte. Durch die inneren 
Schwierigkeiten, sowohl durch den Konflikt mit Ungarn als durch 
die üble finanzielle Lage sah es sich aber außerstande, einen Kampf 
mit Preußen allein aufzunehmen. Darum näherte es sich wieder 
den bislang vernachlässigten Mittelstaaten und suchte am Bunde 
eine Stütze. Von den mittelstaatlichen Ministern hatte der bay- 
rische v. d. Pfordten wenig Zutrauen zu dieser neuen Wendung 
der österreichischen Politik, während Beust sie mit Freuden als 
eine neue Stärkung seiner Triasidee begrüßte und darüber gegen 
die Schwäche der österreichischen Verhältnisse sich blind stellte; 
zudem sah er in der Erhaltung des Bundes die einzige Möglich- 
keit, die Selbständigkeit der deutschen Klein= und Mittelstaaten 
zu wahren. In diesen Anschauungen begegnete er sich mit denen 
seines Königs, bei dem überdies die juristische Auffassung der 
Dinge die politische bei weitem überwog. Von dem juristischen 
Standpunkte aus beurteilte der König auch die Frage der Herr- 
schaft in den überelbischen Herzogtümern. Preußens Staatsleitung 
aber erkannte wohl, daß der gegenwärtige Zustand unhaltbar 
sei und mit der Frage der Herzogtümer zugleich auch die deutsche 
zur Entscheidung gebracht werden würde. Da dies ohne Krieg 
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