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verbindlich ist, den Schülern ausreichende Gelegenheit zur Ubung und Vervollkomm-
nung im Klavierspiele unter Aufsicht und Leitung der Musiklehrer zu geben. Bei der
Abschlußprüfung in Klasse II ist jeder Schüler, wie im Gesange, so im Klavierspiele zu
prüfen. Vergl. Prüfungsordnung vom 4. Mai 1914 A 5. 18 Absatz 2 und 8, § 21
Absatz 6. Schüler, welche die Befähigung zum Kirchschuldienste erlangen wollen, sind
verpflichtet, in den Klassen VII bis II am vollen Klavierunterrichte teilzunehmen.
(2) Der Unterricht wird in Abteilungen von 4 bis 6 Schülern erteilt. Die Übungs-
zeit beträgt für die Unterstufe 2 bis 3, für die anderen Stufen 2 Stunden wöchentlich.
(„) Jeder Schüler hat ein Aufgabenbuch mit folgender Anordnung zu führen:
A technische Üübungen, B Etüde, C Vortragsstück, D Choral usw., E Bemerkungen.
(1) Technische Ubungen, Etüden und Vortragsstücke sind auf allen Stufen neben-
einander zu betreiben. Als Lernstoff für den Gesangunterricht kommt hinzu: das Spiel
von Choral, Lied, Kadenz, Modulation und Transposition.
(„) Auf richtige Hand= und Fingerhaltung und guten Anschlag ist besonderes
Gewicht zu legen. Zum Zwecke seiner methodischen Bildung ist dem Schüler stets über
die Gründe des Verfahrens Aufschluß zu geben. Aus der Fülle von technischem
Ubungsstoffe soll nur das ausgewählt werden, dessen Zweck auch dem Schüler er-
kenntlich ist. Tonleitern und gebrochene Akkorde sind als wichtigste technische Vor-
bereitungen für Etüde und Vortragsstück mit gesteigerter Geläufigkeit auf allen Stufen
zu wiederholen. Dem Schüler ist zum Bewußtsein zu bringen, daß das technisch glatte
Spiel vor allem einen richtigen, zweckmäßigen Fingersatz zur Voraussetzung hat. Nicht
minder ist auf Pflege des rhythmischen Gefühles unablässig Bedacht zu nehmen.
(e) Bei der Auswahl von Vortragsstücken ist nur das musikalisch Wertvolle zu
berücksichtigen. Wo es sich mit diesem Grundsatze vereinigen läßt, kann auch Wünschen
des Schülers Rechnung getragen werden. Da das Spiel von Vortragsstücken in erster
Linie die musikalisch-ästhetische Erziehung des Schülers bezweckt, ist er über Inhalt und
dementsprechende Vortragsweise, über Stil, Phrasierung und formellen Aufbau des
Stückes zu belehren.
(:) Zur Förderung von Lust und Liebe am Musizieren sowie der Literatur-
kenntnis ist das (4 und 8 händige) Zusammenspiel fortgeschrittener Schüler zu pflegen.
(s) Das Auswendigspielen, das der Bildung der musikalischen Vorstellungskraft
dient, ist nicht bloß mechanisch zu betreiben. Schon beim rein technischen Studium des
zu lernenden Stückes ist der Schüler anzuhalten, seine Kenntnisse aus der Musiklehre
als Gedächtnishilfen zu verwerten.
() Bei der Überwachung der häuslichen Übungen des Schülers ist dahin zu wirken,
daß er immer auch langsam, einzelhändig und abschnittweise übt. Sein Fortschritt
steigert sich in dem Maße, in welchem sein Verständnis für die Kunst des Übens wächst.