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Nr. 74. Verordnung
über die zweite juristische Staatsprüfung;
vom 4. Oktober 1915.
Mit Allerhöchster Genehmigung wird unter Aufhebung der Verordnungen vom
11. Oktober 1889, G.= u. V.-Bl. S. 93 flg., vom 17. November 1906, G.= u. V.-Bl.
S. 373 flg., und vom 13. Dezember 1912, G.= u. V.-Bl. S. 522, sowie des § 11 Satz 3
der Verordnung vom 1. Februar 1904, G.= u. V.-Bl. S. 49, folgendes verordnet:
§ 1. Die zweite juristische Staatsprüfung wird beim Justizministerium durch ein
Prüfungsamt abgehalten, dessen Vorsitzender, stellvertretende Vorsitzende und Mit-
glieder durch Königliche Ernennung bestimmt werden.
§ 2. Das Gesuch um Zulassung zur Prüfung ist beim Justizministerium anzu-
bringen. Es wird nur dann berücksichtigt, wenn der Bewerber
a) Staatsangehöriger des Königreichs Sachsen ist,
b) nach Beendigung des rechtswissenschaftlichen Universitätsstudiums (§ 2 Absatz 2
des Gerichtsverfassungsgesetzes) die erste juristische Staatsprüfung vor der
juristischen Prüfungskommission bei der Universität Leipzig bestanden hat,
Jc) den Vorbereitungsdienst im Königreiche Sachsen in der vorgeschriebenen Art
und Dauer abgeleistet hat und während des Vorbereitungedienstes erfolgreich
bemüht gewesen ist, sich in der Rechtswissenschaft und ihrer praktischen An-
wendung weiter auszubilden,
d) eine Prüfungsgebühr von einhundert Mark bei der Justizministerialkasse ein-
gezahlt hat.
Dem Gesuche sind das Geschäftsverzeichnis und sechs größere schriftliche Arbeiten
beizulegen, die der Referendar während des Dienstes bei einer Justizbehörde an-
gefertigt hat (§§ 11, 12 der Verordnung vom 1. Februar 1904, G.= u. V.-Bl. S. 48,
49).
8 3. Die Zulassung ist zu versagen
a) wenn die Führung des Bewerbers zu Bedenken gegen die Übertragung eines
öffentlichen Amtes Anlaß gibt,
b) wenn seit dem Eintritt des Bewerbers in den Vorbereitungsdienst mehr als
sechs Jahre vergangen sind; das Jahr, während dessen der Bewerber als Ein—
jährig-Freiwilliger gedient hat, wird in die sechsjährige Frist nicht eingerechnet.
84. Die Prüfung beginnt mit der Anfertigung von fünf Probeschriften. Jede
Aufgabe wird gesondert und erst nach Ablieferung der vorhergehenden gestellt. Auch