Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Erster Band. Die vertragsmäßigen Elemente der Deutschen Reichsverfassung. (1)

194 Drittes Kapitel. 
überschüsse während der achtjährigen Uebergangsperiode 
nach RV. a. 51. Und auch den Feststellungen über die dem 
Reiche nach bestimmten Sätzen zu berechnenden Erhebungs- 
und Verwaltungskosten der Zölle und Verbrauchssteuern — 
RV. a. 38 — liegt die Tendenz mit zu Grunde, die Gleichheit 
der Leistungspflicht bei Vermeidung tieferer Eingriffe in die 
Verwaltung der Einzelstaaten zu verbürgen. 
Alle diese Vorschriften sind allgemeine. Eine Indivi- 
dualisirung derselben zu Gunsten einzelner Staaten besteht 
nicht. Denn dahin kann es nicht gerechnet werden, wenn 
diese Vorschriften für einzelne Staaten um ihrer Exemtionen 
von den einschlagenden Reichskompetenzen willen ganz ausser 
Anwendung bleiben müssen. 
Für die Frage, welche von allen diesen Vorschriften unter 
das Alinea 2 des Artikel 78 fallen, ist eine authentische Er- 
läuterung von den bei den Vertragsschlüssen und Verfassungs- 
gesetzen massgebend Betheiligten nicht gegeben. 
Als man in Versailles über die Verfassungsverträge ver- 
handelte, bestand eine gewisse Beunruhigung über die Auf- 
fassung, welche dem norddeutschen Bunde die rechtliche, 
durch bestimmte Rechte der Einzelstaaten nicht begrenzte 
Möglichkeit jeder Verfassungsänderung zuschrieb. „Es wurde 
damals und zwar zunächst nicht von den süddeutschen Staaten, 
sondern von einer andern Seite die Idee ausgesprochen, dass 
es doch wünschenswerth sei, solchen Ansichten gegenüber in 
der Verfassung selbst gewisse ursprüngliche Rechte der ein- 
zelnen Staaten festzustellen, welche nicht durch Majoritäts- 
beschlüsse geändert werden könnten —. Darauf wurde von 
anderer Seite geantwortet, das sei doch eigentlich nicht 
nöthig; denn gewisse jura singulorum die niemals durch Ma- 
Joritätsbeschlüsse genommen werden könnten, kämen ja in 
allen Vereinigungen verschiedener Einzelner zu Gemein- 
schaften, in allen rechtlichen Verhältnissen vor; solche jura 
singulorum existirten daher auch in dem damaligen nord- 
deutschen Bunde und würden in dem künftigen deutschen 
Reiche auch existiren. — Es entstand nun der Wunsch, dem
	        
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