Die Entstehung des deutschen Reiches. 87
desstaates abgeändert werden können. Dieselbe stand in den
abgeschlossenen Verträgen nicht in dem Texte der Verfas-
sungen, sondern unter den Nebenverabredungen 13. Durch das
Gesetz wurde sie als zweites Alinea des Artikel 78 zum inte-
grirenden Bestandtheil der Verfassung erhoben.
Durch das Gesetz vom 16. April, in dieser seiner Gestal-
tung, wurden vom Tage seiner rechtsverbindlichen Kraft, dem
4. Mai 1871 ab, in ihrer formellen Gültigkeit die folgenden
"Akte beseitigt:
1. Die zwischen dem norddeutschen Bunde, Baden und
Hessen vereinbarte Verfassung des deutschen Reiches, und
2. der Vertrag vom 25. November 1870 über den Beitritt
Würtembergs zu dieser Verfassung — beide Vertragsurkunden
dergestalt, dass an die Stelle des Einganges und der Artikel
1—79 der in ihnen redigirten Verfassung die „Verfassungs-
urkunde für das deutsche Reich“ trat.
Nur die würtembergische Militärkonvention,
auf welche die Schlussbestimmung zum XI. Abschnitt der
Verfassung Bezug nimmt, ist nicht ausdrücklich aufgehoben.
Ihre Stellung im Verfassungsrechte des deutschen Reiches be-
darf einer besonderen Erörterung.
3. Der bairische Vertrag über den Abschluss eines deut-
schen Verfassungsbündnisses vom 23. November 1870 der-
gestalt, dass auch hier an die Stelle des Vertrages im Allge-
meinen die Verfassungsurkunde für das deutsche Reich trat
und dass im Besonderen $ 5 unter III., die militärischen Ein-
richtungen betreffend, nach den Schlussbestimmungen des XI.
und XII. Abschnittes als integrirender Theil der Verfassungs-
urkunde, als derselben wörtlich einverleibt gilt — wie des
Näheren nachzuweisen sein wird.
Die formelle Aufhebung aller dieser Vereinbarungen ge-
schah durch ausdrückliche Anordnung des $ 1 des
Gesetzes. Selbstverständlich aber war damit auch
13 Unter No. 8. der badisch-hessischen Verhandlung, No. 1, g., des wür-
tembergischen Protokolles, No. V. des bairischen Vertrages.