209] $ 19. Die Feststellung des Budgetgesetzes. 305
entscheidung des einen Theils ein ausschlaggebendes Gewicht
nicht zu verleihen. Sie vermag es nicht zu verhindern, dass
an den einzelnen, selbst untergeordneten Budgetposten ein
Streit entsteht, der um seiner Subjekte willen Verfassungs-
streit ist. Sie liefert allein den Beweis, dass der Standpunkt
des Rechtes keiner politischen Erwägung zu Liebe die For-
derung fallen lassen kann, auch für die Rechtsstreitigkeiten
der obersten Organe des Staates den Weg Rechtens zu orga-
nisiren, wie dies in Anwendung auf Budgetstreitigkeiten
Oldenburg — Verfassung aa 187, 8 2. 191, 8$ 4, 5. 209.
— gethan hat.
Allerdings — trotz dem Allen, trotz des gleichen Rech-
tes, welches verfassungsmässig beiden Körperschaften wie bei
jedem andern Gesetze, so auch beim Budgetgesetze zusteht,
die Gleichberechtigung ist bei dem letztern doch nur eine
Gleichberechtigung des formalen Rechtes.
In der Natur des Budgetes als eines zusammenfassenden,
einheitlichen Planes der Finanzverwaltung ist es gelegen, dass
die Initiative zum Budgetgesetz ausschliesslich bei der
Staatsregierung, nach dem Buchstaben der Reichsverfassung
freilich nicht bei dem Kaiser, sondern ausschliesslich bei dem
Bundesrathe liegt. Das Recht des Gesetzesvorschlages ist
trotz der formalen Gleichberechtigung dem Reichstage that-
sächlich entzogen.
In der Natur der Staatsverwaltung im Allgemeinen und
der Finanzverwaltung insbesondere ist es begründet, dass auch
bei der höchsten, spezialisirten Ausbildung der Gesetzgebung
niemals eine Fixirung der Einnahmen und Ausgaben nach
Art und Mass in dem Umfange denkbar ist, dass nicht die
ungebundenen Erwägungen und Entscheidungen des Reichs-
tages einen breitesten Raum einnehmen. Ja diese freien Ent-
scheidungen werden sich gegenüber dem gesetzlich festgeleg-
ten Bestande gerade auf die Punkte des Staatslebens richten,
von denen die Anschmiegung der Verwaltung an die wechseln-
den Verhältnisse und die Befriedigung der neu hervortreten-
den Bedürfnisse abhängt.
Haenel, Studien. I. 20