IV. Die Körper der Selbstverwaltung. 77
Die Gemeinden haben die Rechte der juristischen
Persönlichkeit, daher das Recht der Vertretung durch
einzelne ausihrer Mitte, die Befugnis, eines gemeinschaft-
lichen Siegels sich bedienen zu dürfen, das Recht der
Erwerbung von Grundbesitzungen und Berechtigungen, der
Verwaltung des Gemeindevermögens durch selbst gewählte
Beamte, der Einführung besonderer Anstalten zu Ge-
meinde- oder anderen gemeinnützigen Zwecken ($ 110
Grundgesetz) — selbstverständlich alles unter Beobachtung
der gesetzlichen Vorschriften und Formen. Die Beschlüsse
der Gemeinde binden die einzelnen Gemeindemitglieder:
ın Privatrechte Einzelner und in solche von Korpora-
tionen darf sich aber ein Beschluß nicht erstrecken. Die
Gemeinde hat als solche Gemeindevermögen. Dieses
haftet in erster Linie für die Gemeindeschulden; aushilfs-
weise haftet das Privatvermögen der einzelnen Glieder,
letzteres vornehmlich dann, wenn die Schuld zu solchen
Bedürfnissen gemacht ist, zu deren Bestreitung auch die
Einzelnen hätten beitragen müssen. Über das Gemeinde-
vermögen darf keine Staatsbehörde ohne Zustimmung der
Vorsteher verfügen, geschweige denn es mit dem Staats-
vermögen vereinigen ($$ 112, 113 Grundgesetz).
Man unterscheidet zwischen Stadt- und Land-
gemeinden. Für die Stadtgemeinden gilt jetzt die
Städteordnung vom 10. Juni 1897 (Ges.S. 1897, 8. 23£f.),
für die Landgemeinden die Dorfordnung vom 13. Juni
1876 (Ges.S. 1876, S. 160 ff. Das Nähere hierüber ist in
den nächsten Paragraphen behandelt. Als besonders
wichtig soll hier nur noch hervorgehoben werden, dab
die früheren gesetzlichen Unterschiede zwischen Ge-
meindebürgern, Handwerksbürgern und Schutzverwandten
($ 100 Grundgesetz) hinfällig geworden sind, nachdem in-
sonderheit durch die Reichsgesetzgebung bestimmt ist,
daß die Reichsangehörigkeit und die Staatsangehörigkeit
in einem Bundesstaat nicht vom Besitz eines formalen
Gemeindebürgerrechts abhängig ist, sondern schon durch
Abstammung, Legitimation, Verheiratung usw. begründet
wird (Reichsges. vom 1. Juni 1870, betr. den Erwerb der
Bundes- und Staatsangehörigkeit, $ 2). Auch bedingt.