die königliche Macht geringer hinterlassen, als er selbst sie über—
nommen habe. „Im Gegenteil,“ erwiderte der König, „sie wird
um so größer sein, je dauerhafter sie ist.“ In der Tat, fügt der
Geschichtschreiber hinzu, verliert dadurch die königliche Macht nichts
als das Übermaß und entgeht dem Neide und vielen anderen großen
Gefahren. Die Lehre vom Übermaß gilt nicht allein für den
König, sie gilt auch für die Ephoren.
Sodann die Gefahr einer gewaltsamen Umwälzung von unten.
Mag nach den die westliche Welt beherrschenden demokratischen
Idealen und Gewohnheiten manches an den konstitutionellen Einrich-
tungen des Deutschen Reiches rückständig erscheinen, an Leistungen
für die Wohlfahrt der niederen Volksschichten sind sie nirgends
erreicht oder gar übertroffen worden. Die Prophezeiung Bebels
vor fünfundzwanzig Jahren, daß sich nach Aufhören des Menschen-
mordens im unvermeidlichen Weltkriege gute Aussichten für den
Sozialismus bieten würden, ist eingetroffen, aber anders, als er
sich's dachte, und schon während des Weltkrieges. Wird sich die
sozialdemokratische Arbeiterpartei von der Herrschaft allgemeiner
Begriffe befreien und das geschichtliche Denken ebenso pflegen wie
vordem das logische Denken der Marrschen Schule? Wird sie der
Phantasie Grenzen ziehen, die am Ende des vorigen Jahrhunderts
das Heil von einem gewaltsamen Sprunge in ein von Grund aus
neues Zukunftsgebilde unter der Diktatur des Proletariats erwar-
tete, oder wird sie trotz aller Erfahrungen mit den Gesinnungs-
genossen der feindlichen Länder dem internationalen Verbrüderungs-
traum das Opfer ihrer Heimatsliebe bringen? Auch sie verliert
nichts als das Übermaß, wenn sie die Pflege internationaler Ge-
danken und Verbindungen dauernd den Bedürfnissen nationaler Ar-
beiterpolitik unterstellt und im Kampfe mit der bestehenden Ord-
nung einen Verständigungsfrieden schließt.
So weben sich aus Erinnerungen und gegenwärtigem Erleben
Gedanken in die Zukunft. Wieder heißt es, diesmal unter An-
wendung des Bismarckschen Greisenwortes auf den inneren Wandel
im deutschen Volk: „Eine neue Zeit — eine neue Welt.“
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