Abkommen gehalten. In seinem Entlassungsgesuch ist zwar auch
auf kaiserliche Anordnungen Rußland gegenüber Bezug genommen
und gesagt, daß ghre Ausführung wichtige Erfolge der auswär—
tigen Politik in Frage stellen würde. Gemeint damit war aber
nicht ein Verzicht auf das Geheimabkommen, sondern der kaiserliche
Befehl, auf Grund der Kiewer Konsulatsberichte über militärische
Vorgänge in Rußland Osterreich-Ungarn zu warnen und selbst
Gegenmaßregeln zu treffen. Jedenfalls war über das russische
Abkommen beim Abgang Bismarcks noch nichts entschieden und
beruhten die Außerungen des Kaisers zu den Generalen über seinen
Inhalt auf dem Vortrag Caprivis, in dem die Nichtverlängerung
des Vertrags mit der Möglichkeit von Kollisionen der Neutrali-
tätspflicht mit der Pflicht zur Waffenhilfe für Österreich-Ungarn
begründet war.
Sodann der kopflose Sturz in die Arme der englischen Politik!
Wer die Zeitungen jener Zeit nachblättern wollte, fände häufige
Anspielungen auf englische Einflüsse bei Hofe wechselnd mit halb-
amtlichen Verwahrungen dagegen, aber nichts Greifbares (der San-
sibarvertrag zählt natürlich nicht), nichts im amtlichen Bereich,
was über die schon unter dem alten Kurs geübte Pflege freund-
licher Beziehungen zu England hinausginge, nichts, was nur an-
nähernd dem ungewöhnlichen Schritt des Fürsten Bismarck gleich-
käme, in einem Privatbrief an den englischen Premierminister Lord
Salisbury englischen Besorgnissen wegen angeblicher russischer Nei-
gungen des Prinzen Wilhelm mit der Versicherung entgegenzu-
treten, daß Österreich-Ungarn und England als saturierte Staaten
unsere natürlichen Bundesgenossen wären und daß kein deutscher
Kaiser einem russischen Versuche, seine Bundesgenossen, nament-
lich Osterreich-Ungarn, zu schwächen, bewaffnete Hilfe leisten würde.
Der Brief ist vom 22. November 1887 datiert und zum ersten
Male infolge einer Indiskretion im Daily Telegraph vom 13. Mai
1912 von dessen Wiener Korrespondenten, leider nur im Auszuge,
wiedergegeben worden.
Wenn ich meine eigenen Beobachtungen vor und nach meinem
Eintritt ins Auswärtige Amt nachprüfe, kann ich nur sagen, daß
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