Fritz Stier-Somlo, Die deutsche Arbeiterversicherung. 49
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Die Entziehung der Rente ist in $ 1292 vorgesehen, wenn der Empfänger einer Invaliden- oder
Witwenrente infolge einer wesentlichen Änderung in seinen Verhältnissen nicht mehr invalide ist.
Ist zu erwarten, dass ein Heilverfahren den Empfänger einer Invaliden-, Wıtwen- oder Witwerrente
wieder erwerbsfähig macht, so kann es die Versicherungsanstalt einleiten. Entzieht sıch ein Renten-
empfänger ohne gesetzlichen und sonst triftigen Grund dem Heilverfahren und verhindert er dadurch
die Beseitigung der Invalidität, so kann ihm die Rente auf Zeit ganz oder teilweise entzogen werden,
wenn er auf diese Folge hingewiesen ist. Die Rente kann nach dem neuen Recht auch dann entzogen
werden, wenn sich der Rentenempfänger ohne Grund einer Nachuntersuchung oder der Beobachtung
im Krankenhause entzieht.
Als Träger der Versicherung gelten nach wie vor die Versicherungsanstalten.
Sie haben einen Vorstand und einen Ausschuss. Jener hat die Eigenschaft einer öffentlichen Behörde.
Seine Geschäfte führen einer oder mehrere Beamte des Gemeindeverbandes oder Bundesstaates,
für den die Versicherungsanstalt errichtet ist. Es wurde ın der Kommission bemängelt, dass ım
Vorstande der Anstalten die Beamten sehr oft das Übergewicht gegenüber den Vertretern der Arbeit-
geber und Arbeiter hätten. Deshalb wünschte die Kommission, dass die Beamten einer Versicherungs-
anstalt im Vorstande nicht mehr als die Hälfte der Stimmen haben. Irrtümlich geleistete Beiträge
selten als für die Selbstversicherung oder Weiterversicherung entrichtet, wenn das Recht dazu In der
Zeit der Entrichtung bestanden hat. Der Versicherte kann die Beiträge binnen 10 Jahren nach der
Entrichtung zurückfordern, wenn ihm nicht schon eine Rente rechtskräftig bewilligt worden ıst
($ 1428). Bei Streit über die Beitragsleistung entscheidet, wenn er nicht bei der Rentenfestsetzung
hervortritt, das Versicherungsamt und auf Beschwerde endgültig das Oberversicherungsamt, und
diese Behörden sind an die grundsätzlichen Entscheidungen des R.V.A. gebunden.
Alles in allem genommen: Ausser der Zusatzversicherung findet sıch nıcht gerade vıel Eigenes,
Ursprüngliches; grosse Wirkungen werden von den sonstigen Neuerungen dieses vierten Buches der
R.V.O. nicht zu erwarten sein.
V. Die Hinterbliebenenversicherung.
Für diesen neuen Zweig der Sozialversicherung will die R.V.O. dıe Mittel durch Versicherte
und deren Arbeitgeber zu gleichen Teilen aufbringen. Für die Lohnklassen I—V sind Erhöhungen von
von 2, 4, 8, 10 und 12 Pfennigen gegenüber dem bisherigen Rechtszustande eingetreten ($ 1392).
Die Beitragserstattung für weibliche Versicherte ım Falle der Verheiratung und für Unfallrente
sowie ım Todesfall von Rentenantragsstellern vor der Rentenbewilligung sollen in Fortfall kommen
und für dıe Zwecke der Hinterbliebenenversicherung verwendet werden. Für solche Beitrager-
stattungen wurden im Jahre 1907 aufgewendet 8 854 463 Mark. Die Hinterbliebenenversicherung
ıst mit der Invalidenversicherung derartig einheitlich verbunden, dass das gleiche Versicherungsver-
hältnıs den Anspruch auf beide Versicherungen begründet. Für den einheitlichen Beitrag auf ein-
heitlicher Quittungskarte wırd neben dem Anspruche auf Invalidenrente auch für dieHinterbliebenen
der Anspruch auf Witwen- und Waisenrente erworben. Eine der Grundfragen der neuen Hinter-
bliebenenversicherung war die, welche Art von Witwen berücksichtigt werden sollen. Es ist bei der
Verschiedenheit des Alters der Erwerbsverhältnisse, der Gesundheit, der wirtschaftlichen Lage, der
Familienzugehörigkeit usw. der Witwen überhaupt schlechterdings nicht möglich, alle gleich zu
behandeln und auch nicht angemessen, wie ja z. B. eine Rente für eine junge, kräftige Witwe keinen
Grund hätte. Auch die finanzielle Basis für die Versicherung aller Witwen wäre absolut nicht zu
gewinnen. Die Witwenrente ist, genauer betrachtet, nur eine Witweninvalidenrente. Sie
wırd berechnet nach der Invalidenrente des verstorbenen Mannes, dessen Beiträge von bestimmendem
Eınflusse auf ihre Höhe sind. Die Invalidenrente wird stets höher sein als die Witweninvalidenrente
Weibliche Versicherte also, die den Anspruch auf Invalidenrente erworben haben, erhalten keine
Wıtwenrente beim Ableben ihres Mannes, doch wird ihnen ein Witwen geld in Höhe des Jahres-
betrages einer Witwenrente und eine Waisenaussteuer für ihre Kinder bei deren 15. Lebensjahr in
Höhe des 8monatlichen Betrages der Waisenrente ausgezahlt. Das Reich gewährt zu jedem Witwen-
geld einen einmaligen Zuschuss von 50 Mark und zu jeder Waisenaussteuer einen Zuschuss von 16?/,
Mark ($ 1285). Dagegen erhalten weibliche Versicherte, die keinen Anspruch auf Invalidenrente
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Handbuch der Politik. II. Auflage. Band III.