Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

8 61. Der Reichshaushalt. 457 
nachträgliche Ergänzungen des Etats, durchbrochen, die 
freilich nicht immer zu vermeiden sind. 
2. Form des Etatsgesetzes. 
Die RV. enthält über die Form des Etatsgesetzes 
keine Vorschriften. Ein Gesetz nach Art des preußischen 
Komptabilitätsgesetzes vom 11. Mai 1898 (S. 683) ist im 
Reiche nicht ergangen. Der Etat selbst erscheint stets als 
„Anlage“ zu dem „Gesetz, betreffend die Feststellung des 
Reichshaushalts-Etats für das Rechnungsjahr .. 
Dieses Gesetz enthält aber gewöhnlich auch noch andere 
Anordnungen, namentlich finanzwirtschaftlicher Natur, z. B. über 
die Aufnahme von Anleihen, Ausgabe von Schatzanweisungen, 
Schuldentilgung usw. Abweichend von der früheren Praxis, 
die mit Rücksicht auf die durch RV. Art. 70 vorgesehene Balan- 
zierung des Etats mittels der Matrikularbeiträge die Ausgaben 
vor den Einnahmen aufführte, zerfällt der Reichshaushalts-Etat 
jetzt (vgl. z. B. Rel. 13 256 ff.) in: A. den ordentlichen 
Etat unter Voranstellung der Einnahmen vor den fortdauernden 
und einmaligen Ausgaben und B. den außerordentlichen 
Etat mit den unter sich, also ohne Heranziehung der Matrikular- 
beiträge balanzierenden Einnahmen (namentlich aus Tilgungen 
und Anleihen) und Ausgaben. Die Einnahmen sind teils nach 
den Einnahmequellen, teils nach den Zentralverwaltungsbehörden, 
die Ausgaben überwiegend nach den letzteren angeordnet. Beide 
zerfallen in Kapitel und Titel. Das Etatsgesetz gibt in der 
Anlage jedoch nur die Kapitel, die Zahl der Titel und die Kapitel- 
summen wieder, während sich die Beschlußfassung der gesetz- 
ebenden Faktoren auch auf die Titel und die darin enthaltenen 
Positionenverstreckt. Der Hauptetat ist daher im wesentlichen nur 
eine Zusammenfassung der „Spezialetats“, welch letztere erst 
einen genauen Einblick in die Finanzwirtschaft und die Er- 
trägnisse der einzelnen Verwaltungszweige gewähren. Die Aus- 
gaben der Verwaltung des Reichsheeres werden bei den fort- 
dauernden Ausgaben des ordentlichen Etats in drei Parallel- 
spalten (Preußen usw., Sachsen, Württemberg) angeführt, wohin- 
gegen für Bayern im XVIII. Abschn. (Allgemeine Finanzverwal- 
tung) lediglich „Quoten von den Militärausgaben“ in einem 
Gesamtbetrag ausgeworfen werden und die Aufstellung der 
Spezialetats Bayern überlassen bleibt (vgl. den Bündnisbertrag 
vom 23. November 1870 III 8 5). 
Im Jahre 1913 ist der Reichshaushalts-Etat in Einnahme 
und Ausgabe auf etwa 3161/8 Millionen Mark festgestellt, 
wozu noch zwei mit etwa 534½ und 0,2 Millionen Mark ab- 
schließende Nachtragsetats hinzutreten. Als „Zweite Anlage zum 
Etatsgesetze“ erscheint jedesmal gemäß Bank G. § 28 I besonders 
der „Besoldungs-Etat für das Reichsbankdirektorium auf das 
Rechnungsjahr . . . .“ (die Ausgaben hat aber die Reichsbank
	        
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