Full text: Die Stellung des deutschen Kaisers

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ist, folgt, dass es seine Sache ist, sich sowohl vor 
Abschluss des Vertrages an den Bundesrat, als — wenn 
nicht vor, dann wenigstens — nach erfolgtem Vertrags- 
schlusse an den Reichstag zu wenden, um die von der 
Verfassung geforderte Zustimmung bezw. Genehmigung 
dieser beiden Versammlungen zu dem Vertrage, den er 
als völkerrechtlicher Vertreter des Reichs zu schliessen 
beabsichtigt, bezw. geschlossen hat, zu erwirken. M. a.W.: 
Zum Zwecke der Ratifizierung resp. der Gültigkeit von 
Staatsverträgen tritt der Kaiser dem Bundesrate und dem 
Reichstage als Initiativorgan gegenüber. 
In welchen Fällen auf dem Gebiete der Reichs- 
gesetzgebung kommt nun dem Kaiser ausschliesslich 
die Initiative zu? 
Einmal offenbar bei den sogenannten Vertragsgesetzen, 
d.h. bei Gesetzen, die als notwendige Folge eines völker- 
rechtlichen Vertrages des deutschen Reiches mit einer 
auswärtigen Macht ergehen, um diesem Vertrage staats- 
rechtlich Bedeutung zu verschaffen oder um mit Laband') 
zu sprechen, bei Gesetzen, die ‚in Veranlassung des 
Staatsvertrages‘ als „selbständige, vom Vertrage formell 
unabhängige Reichsgesetze“ erlassen werden. ?) 
Mit Rücksicht darauf, dass der Kaiser es ist, der für 
das Reich — wie oben gezeigt — den Vertrag abschliesst, 
dürfte es nur natürlich sein, dass auch er den ersten 
Schritt tun muss, um den Inhalt des zunächst nur völker- 
rechtlich verbindlichen Vertrags erforderlichen Falls auch 
für die Angehörigen des Reiches, verbindlich zu machen. 
Vom Kaiser also muss die Initiative zu den Vertrags- 
gesetzen (in dem angegebenen Sinne) ausgehen. 
Des weiteren hat der Kaiser allein ein Recht zur 
Initiative bezw. eine solche Pflicht bei den Reichshaus- 
haltsetatgesetzen. Denn wenn es in Art. 69 Satz 2 heisst: 
Der Reichshaushaltsetat „wird vor Beginn des Etats- 
jahres durch Gesetz festgestellt“, so dürfte ausser 
1) Laband a. a. O. Il. S. 155. 
2) Von dem Vertragsgesetz im Sinne Heilborns (der Staats- 
vertrag als Staatsgesetz, im Arch. f. öff. R. XII, S. 142) kann hier 
natürlich nicht die Rede sein.
	        
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