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Der Kaiser ist also zur Ausfertigung eines ihm vom
Bundesrate zugestellten Gesetzes einerseits verpflichtet,
andererseits berechtigt. Und diese Berechtigung schliesst
nun m. E. ebenso die Berechtigung zur Nachprüfung der
Verfassungsmässigkeit des Zustandekommens eines Ge-
setzes in sich, wie die Verpflichtung zur Ausfertigung die
Verpflichtung einer solchen Nachprüfung. Denn wenn die
Reichsverfassung dem Kaiser die Ausfertigung der Gesetze
zuweist, so legt sie ihm damit gleichzeitig die Ver-
pflichtung auf, sich vorerst zu überzeugen, dass das, was
ihm vorgelegt wird, auch wirklich ein Gesetz ist. Tut
er dies nicht, so überschreitet er eventuell die ihm von
der Verfassung gegebene Befugnis. Denn wenn er auf
der einen Seite die Pflicht auszufertigen hat, so hat er
auf der anderen Seite nur das Recht, Gesetze auszu-
fertigen.) Der Kaiser wird also vor Vollziehung der
Ausfertigung im einzelnen zu prüfen haben: „materiell,
ob über den Gesetzesinhalt wörtliche Uebereinstimmung
herrscht, formell ob“ Bundesrat und Reichstag „nach der
durch die“ Reichsverfassung „gegebenen Norm ihre Be-
schlüsse gefasst haben.“ ?)
Im einzelnen wird sich diese Prüfung, die Hänel’) ein
dem Kaiser zustehendes „formales Recht des Veto“ nennt,
also auf folgende Punkte zu erstrecken haben:
Zunächst wird der Kaiser zu untersuchen haben, ob
die Mehrheitsbeschlüsse des Bundesrates und des Reichs-
tages gemäss Art. 5 R.-V. mit einander übereinstimmen.
Er wird also Wort für Wort den Beschluss des Bundes-
rates mit dem des Reichstages vergleichen und, sobald er
eine Abweichung im Wortlaute der Beschlüsse der beiden
Versammlungen feststellt, die Ausfertigung des Gesetzes
1) Dass der Kaiser nur das ausfertigen darf, was ihm vom
Bundesrat zugestellt ist, und sich irgendwelcher Aenderungen, welcher
Art sie auch sein mögen, unter allen Umständen enthalten muss, kann
als unbestritten gelten. Ueber die Frage, ob die Wahl der Aus-
fertigungsworte in seinem Belieben stehe, oder Bestandteil des Ge-
setzes sei, 8. U.
2) Fleischmann S. 69 mit Beziehung auf die preussische Ver-
fassung.
3) a. a 0. Il. S. 51.