Full text: Die Stellung des deutschen Kaisers

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mehr wie 13 Stimmen gegen den Beschluss gewesen 
sind (Art. 78, Abs. 1), c) ob es sich um ein Reservatrecht 
eines Bundesstaates handelt. Denn wenn auch 57 Stimmen 
für Abänderung oder Aufhebung desselben wären, so 
könnte es doch nicht ohne erfolgte Zustimmung des 
vielleicht nur eine Stimme führenden berechtigten Bundes- 
staates als abgeändert oder aufgehoben erklärt werden 
(Art. 78, Abs. 2). — Erst wenn diese Untersuchungen 
ergeben haben, dass auch nach der Ansicht des Kaisers 
keiner der genannten Fälle vorliegt, bezw. dass das 
Vorliegen eines dieser Fälle in Uebereinstimmung mit 
der Ansicht des Kaisers auch vom PBundesrate ange- 
nommen worden und dementsprechend der Bundesrats- 
beschluss unter Berücksichtigung der Vorschriften des 
Artikel 5 oder 78 ergangen ist, wird sich die Pflicht des 
Kaisers ergeben, das ihm Zugestellte als Gesetz auszu- 
fertigen, vorausgesetzt, dass er auch bei der Prüfung der 
Beobachtung der Verfassungsvorschriften im Reichstage 
zu einem ihn befriedigenden Ergebnis gekommen ist. 
Inwieweit hat nun der Kaiser das verfassungsmässige 
Zustandekommen der Beschlüsse des Reichstages zu 
prüfen? Da eine Prüfung der Innehaltung der Vorschriften 
der Art. 20 und 21 durch Art. 27 ausdrücklich nur dem 
Ermessen des Reichstages selbst überlassen ist, ergibt sich 
für den Kaiser nur ein 'Prüfungsrecht gemäss Art. 22 
Abs. 1 R.-V. Denn wenn auch Art. 27 ein kaiserliches 
Prüfungsrecht der Beobachtung von Art. 28 nicht aus- 
schliesst, so glaube ich doch, dass es nicht Sache des 
Kaisers ist, zu untersuchen, ob bei jeder einzelnen Be- 
schlussfassung auch die Mehrheit der gesetzlichen Anzahl 
der Mitglieder anwesend gewesen ist. Denn gemäss dem nun 
schon wiederholt herangezogenen Gewohnheitsrechte unter- 
liegt die Feststellung der Beschlussfähigkeit als ein internum 
der betreffenden Versammlung dieser selbst. Somit be- 
fehdet Laband in der deutschen Juristen-Zeitung‘) mit 
Unrecht die Vorschrift des $ 54 der revidierten Ge- 
schäftsordnung für den Reichstag, demzufolge es zulässig 
1) Jahrg. 1903 8.9.
	        
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