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Nun hat sich gegen die im Reiche übliche Form der
Berichtigung solcher Fehler eine Polemik erhoben. Es
ist bemängelt worden, dass wiederholt anonyme Berichti-
gungen!) von Fehlern im Reichsgesetzblatte erschienen
sind, und Laband‘?) hat die hierfür versuchte Begründung,
dass der Reichskanzler ja so wie so die Verantwortlich-
keit für alles im Reichsgesetzblatte Abgedruckte habe,
als „fehlgehend‘“ mit dem Hinweis darauf zurückgewiesen,
dass sich ja dann auch der Abdruck der Unter- und
Gegenzeichnung der Gesetze als selbstverständlich er-
übrigen müsste. Indess geht diese Argumentation Labands
m. E. zu weit. M. E. genügt eine anonyme Berichtigung
dann, wenn der Reichskanzler zu ihrer Vornahme be-
rechtigt war. Denn aus dem am Ende jedes Stückes
des Reichsgesetzblattes abgedruckten Vermerk: ‚„Redigiert
im.-Bureau des Reichskanzlers“ bezw. „Herausgegeben im
Reichskanzleramt‘“ dürfte zur Genüge hervorgehen, dass,
sofern nicht aus anderen Unterschriften etwas anderes
zu entnehmen ist, für das im Reichsgesetzblatt Abgedruckte
der Reichskanzler einsteht. Wann ist nun aber der Reichs-
kanzler zu einer solchen Berichtigung bezw. wer ist über-
haupt dazu berechtigt? Logischer Weise wohl der, der
den betreffenden Fehler verschuldet hat.. Und zwar dürfte
dies nicht nur ein Recht, sondern auch eine Pflicht des
Betreffenden sein. Es haben also zu berichtigen entweder
die Gesetzgebungsfaktoren, sofern sie beide beispielsweise
übersehen haben, dass die Verweisung auf einen bestimmten
Paragraphen des Gesetzes infolge späterer Aenderungen
unrichtig geworden ist’), oder der Kaiser und der Reichs-
kanzler, sofern der Kaiser irrtümlich etwas anderes aus-
gefertigt hat, als übereinstimmend von Bundesrat und
Reichstag beschlossen ist, oder nur der Reichskanzler,
1) Unter vielen anderen z. B. R.-G.-Bl. 1871 S. 442 und 1899
8. 132,
2) Laband a. a. OÖ. II. S. 54.
3) In einem solchen Falle bedarf die übereinstimmend von
Bundesrat und Reichstag beschlossene Berichtigung noch der Aus-
fertigung und Verkündigung des Kaisers, m. a. W. es bleibt nichts
übrig, als nochmals den Weg der Gesetzgebung zu beschreiten.