Full text: Das Civil Medizinal Wesen im Königreich Bayern. Erster Band. Die private Medizin. (1)

233 
8. 6. 
Die Landärzte haben den ihnen von ihren Vorgesetzten zukom- 
menden Aufträgen in Gegenständen der medizinischen Polizei 
sowohl, als bei gerichtlichen Vorfallenheiten pünktlich und un— 
verweigerlich nachzukommen. Dagegen haben sie sich aller Ver- 
richtungen in medizinisch-polizeilichen Gegenständen, welche ihnen 
nicht vermög gegenwärtiger Instruktion obliegen, und welche 
ihnen nicht besonders aufgetragen werden, so wie aller Ver- 
richtungen bei medizinisch-gerichtlichen Vorfallenheiten, zu wel- 
chen sie nicht gesetzmäßig requirirt werden, durchaus zu enthal- 
ten. Doch ist ihnen hiedurch nicht gewehrt, und wird ihnen 
vielmehr zur Pflicht gemacht, die Behandlung der bei Schlä- 
gereien und bei andern Gelegenheiten vorsätzlich oder unvorsätz- 
lich verwundeten Individuen vorläufig zu übernehmen, falls der 
Gerichtsarzt nicht in dem Orte, wo der Vorfall sich ereignet, 
zugegen ist, jedoch allemal davon unverzüglich Anzeige bei der 
Gerichtsstelle des Bezirks zu machen. 
S. 7. 
Bei gerichtlichen Untersuchungen, zu welchen ein Landarzt 
zugezogen wird, gibt derselbe den Befund der Untersuchung zu- 
gleich mit dem Arzte zu Protokoll, und unterzeichnet dasselbe 
so wie alle zu dieser Untersuchung beigezogenen Individuen. 
Wird der Landarzt von dem Richter um sein technisches Urtheil 
über den untersuchten Fall befragt, so gibt er dasselbe besonders 
und mit der Umsicht zu Protokoll, daß keine bloße Vermuthung, 
anderswo gehörte Aeußerung oder zufällig vernommene Zeugen- 
aussage darauf einen Einfluß hat. Kann er zu einem Urtheile 
nach dem Materiale des Befunds, oder nach seinen Einsichten 
und Kenntnissen sich nicht bestimmen, so erklärt er sich auch 
hierüber zu Protokoll. Ein ärztliches Parere kann ein Land- 
Arzt nie ausstellen, und die Gesetzgebung wird noch näher be- 
stimmen, welchen gerichtlichen Werth jenes zu Protokoll gege- 
bene Urtheil des Landarztes neben dem Parere des zugleich ob- 
ducirenden Gerichtsarztes haben soll. Auch kann ein Landarzt 
keine ärztliche Zeugnisse ausstellen, sondern erstattet in vor- 
kommenden Fällen einen Bericht an den Gerichtsarzt, welcher 
die nöthigen Notizen zur Verfassung eines gerichtlichen Zeug- 
nisses enthält. Für diese Notizen bleibt der Landarzt aber ver- 
antwortlich.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.