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8. 6.
Die Landärzte haben den ihnen von ihren Vorgesetzten zukom-
menden Aufträgen in Gegenständen der medizinischen Polizei
sowohl, als bei gerichtlichen Vorfallenheiten pünktlich und un—
verweigerlich nachzukommen. Dagegen haben sie sich aller Ver-
richtungen in medizinisch-polizeilichen Gegenständen, welche ihnen
nicht vermög gegenwärtiger Instruktion obliegen, und welche
ihnen nicht besonders aufgetragen werden, so wie aller Ver-
richtungen bei medizinisch-gerichtlichen Vorfallenheiten, zu wel-
chen sie nicht gesetzmäßig requirirt werden, durchaus zu enthal-
ten. Doch ist ihnen hiedurch nicht gewehrt, und wird ihnen
vielmehr zur Pflicht gemacht, die Behandlung der bei Schlä-
gereien und bei andern Gelegenheiten vorsätzlich oder unvorsätz-
lich verwundeten Individuen vorläufig zu übernehmen, falls der
Gerichtsarzt nicht in dem Orte, wo der Vorfall sich ereignet,
zugegen ist, jedoch allemal davon unverzüglich Anzeige bei der
Gerichtsstelle des Bezirks zu machen.
S. 7.
Bei gerichtlichen Untersuchungen, zu welchen ein Landarzt
zugezogen wird, gibt derselbe den Befund der Untersuchung zu-
gleich mit dem Arzte zu Protokoll, und unterzeichnet dasselbe
so wie alle zu dieser Untersuchung beigezogenen Individuen.
Wird der Landarzt von dem Richter um sein technisches Urtheil
über den untersuchten Fall befragt, so gibt er dasselbe besonders
und mit der Umsicht zu Protokoll, daß keine bloße Vermuthung,
anderswo gehörte Aeußerung oder zufällig vernommene Zeugen-
aussage darauf einen Einfluß hat. Kann er zu einem Urtheile
nach dem Materiale des Befunds, oder nach seinen Einsichten
und Kenntnissen sich nicht bestimmen, so erklärt er sich auch
hierüber zu Protokoll. Ein ärztliches Parere kann ein Land-
Arzt nie ausstellen, und die Gesetzgebung wird noch näher be-
stimmen, welchen gerichtlichen Werth jenes zu Protokoll gege-
bene Urtheil des Landarztes neben dem Parere des zugleich ob-
ducirenden Gerichtsarztes haben soll. Auch kann ein Landarzt
keine ärztliche Zeugnisse ausstellen, sondern erstattet in vor-
kommenden Fällen einen Bericht an den Gerichtsarzt, welcher
die nöthigen Notizen zur Verfassung eines gerichtlichen Zeug-
nisses enthält. Für diese Notizen bleibt der Landarzt aber ver-
antwortlich.