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fallendem Maaße. Oft zeigt sich ihr nachhaltiger Einfluß erst
allmälig und nach längerer Zeit durch mehr oder minder
gefährliche, oft tödtliche Krankheiten, denen die in solcher Luft
sich aufhaltenden Personen unterliegen.
Die Verderbniß der Luft kann vorzüglich auf zweierlei
Weise erfolgen: dadurch, daß ihr etwas entzogen wird, das zu
ihrer natürlichen Beschaffenheit gehört und zur Unterhaltung
des Athemholens nöthig ist, oder daß schädliche fremde Theile
von andern Körpern in die Luft aufsteigen. Bisweilen kann
auch beides zugleich Statt finden. Im gewöhnlichen Leben
aber trifft es sich am häufigsten, daß die Luft durch fremde in
sie übergegangene Theile verdorben ist, und man sagt dann,
es befänden sich Dünste oder Ausdünstungen in ihr.
Dergleichen Dünste steigen immerfort von den Körpern
auf und verlieren sich ohne nachtheiligen Einfluß in der Luft,
wo diese sich frei bewegen kann. Anders aber ist es in Zim-
mern und an andern Orten, wo kein unnnterbrochener Luft-
wechsel Statt hat: hier schwängert sich die Luft, wenn sie
auch sonst keine Veränderung erleidet, zuletzt mit solchen
Dünsten ganz an, und diese können nun ihre eigenthümliche
Wirkung äußern.
Tritt man z. B. aus dem Freien in Orte, wo einige
Zeit eine große Menge Menschen bis zur Ueberfüllung ver-
sammelt war, wie Schauspielhäuser, Tanzsäle, so empfindet
man alsbald von der Luft dieser Versammlungsorte einen be-
sondern Eindruck, man fühlt sich beklemmt. Dasselbe geschieht
in verschlossenen Zimmern, wo sich viele starkriechende Blumen
befinden, oder wo eine große Menge Obst aufbewahrt wird u. s. w.
Die Erfahrung hat gelehrt, daß in solchen Fällen die Luft
an sich nicht merklich verändert war, sondern daß sie nur Aus-
dünstungen aufgenommen hatte, die mit und bei dem Athmen
einen schädlichen Einfluß auf den Menschen ausübten. Diese
Ausdünstungen sind fast immer so ausnehmend fein, daß sie
auf keine Weise zur Anschauung kommen, sondern sich eben
nur durch ihren Eindruck auf das körperliche Gefühl zu
erkennen geben.
Wenn Menschen in Krankheit verfallen, so werden ihre
Ausdünstungen noch merklicher. Denn theils ist in Krankheiten
die Ausdünstung in sehr vielen Fällen an sich vermehrt;