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mithin nur denjenigen Teil des Wertes der beweglichen Aktiva jedes Steuer-
pflichtigen zum Maßstabe der Besteuerung machen können, der nach Abzug
der entsprechenden Passiva übrig bleibt. Bis hierher kann kein Zweifel
bestehen. Die Schwierigkeiten beginnen erst, wenn es gilt, zu bestimmen,
welche von den Schulden gerade den beweglichen Aktivbestandteilen eines
Vermögens entsprechen. Offenbar lassen sich die Schulden nicht in derselben
Weise wie die realen Vermögensobjekte in bewegliche und unbewegliche
einteilen. Man wird also, um die dem Grundvermögen entsprechenden
Schulden aus dem Kreise der bei der Veranlagung zur Steuer vom beweg-
lichen Vermögen zu. berücksichtigenden Schulden auszuscheiden, unter-
suchen müssen, welche Schulden in besonderen Beziehungen zum Grund-
vermögen bestehen. Es lassen sich hier rechtliche und wirtschaftliche Be-
ziehungen unterscheiden. Wirtschaftlich beziehen sich auf das Grund-
vermögen, so ließe sich sagen, diejenigen Schulden, welche zum Zwecke der
Erwerbung, Erhaltung, Verbesserung, Sicherung des unbeweglichen Be-
sitzes übernommen worden sind. Hierher gehören gestundete Grundstücks-
kaufpreise, Forderungen, die der Käufer beim Erwerbe des Grundstücks in
Anrechnung auf den Kaufpreis übernommen hat, Baugelderforderungen,
Ablösungsrenten, Landeskulturrenten usw.; dagegen steht z. B. ein Darlehn,
welches ein Landwirt behufs Ausstattung einer Tochter, ein Fabrikbesitzer
behufs Anschaffung von Rohstoffen aufnimmt, selbst dann nicht in wirt-
schaftlicher Beziehung zu seinen Grundstücken, wenn es auf letzteren
hypothekarisch sichergestellt wird. In Fällen dieser Art liegt nur eine
rechtliche Beziehung zum Grundvermögen vor. Eine solche ist überall da,
aber auch nur da vorhanden, wo Grundstücke dinglich für die Schulden ver-
haftet sind (Hypothek, Grundschuld, Rentenschuld, Reallast usw.). Sieht
man sich nun vor die Wahl gestellt, ob man den wirtschaftlichen oder den.
rechtlichen Zusammenhang als maßgebend behandeln will, so wird man sich.
vom theoretischen Standpunkte aus gewiß für den wirtschaftlichen zu ent-
scheiden haben. In der Praxis aber würde sich diese Entscheidung nicht
bewähren können. Ein Blick in das tägliche Leben lehrt, daß die wirt-
schaftlichen Beziehungen einer Schuld zu dem Grundvermögen durchaus
nicht immer so klar auf der Hand liegen, wie in den oben angeführten
Beispielsfällen. Wenn z. B. ein Gewerbetreibender Kapital aufnimmt, um
dasselbe neben eigenen Mitteln zur Errichtung eines neuen Fabrikgebäudes
mit allen dem Betriebe dienenden beweglichen und unbeweglichen Ein-
richtungen zu verwenden, so wird sich schwer sagen lassen, ob und inwieweit
eine wirtschaftliche Beziehung der Hypothekenforderungen zu dem Grund-
stück noch anzuerkennen ist. Nicht selten ist das Gewerbe in wirtschaft-
lichen Beziehungen zwischen den Schulden und den einzelnen Teilen des
Aktivvermögens namentlich in großen gewerblichen Betrieben ein so ver-
wickeltes, daß die Entwirrung für Steuerzwecke ein Ding der Unmöglich-
keit ist.
„Es bliebe also lediglich die Möglichkeit übrig, den rechtlichen Zu-
sammenhang entscheiden zu lassen, von der Berücksichtigung bei der Steuer
vom beweglichen Vermögen also diejenigen Schulden auszuschließen, welche
als Hypotheken, Grundschulden, Rentenschulden, Reallasten oder in einer
sonstigen Rechtsform auf dem Grundvermögen haften. Aber auch diese:
Regelung würde schwere Nachteile haben; sie würde nämlich sehr ungleich-
mäßig und darum ungerecht wirken. Anm ungünstigsten würde die Land-
wirtschaft gestellt sein, da der gesamte Kredit, dessen der Landwirt
zum Ankauf des Grund und Bodens, zu Bauten, Meliorationen und zur
Hebung des Inventars bedarf, ein hypothekarischer zu sein pflegt. Bei der
Versteuerung des beweglichen Betriebskapitals der Landwirte würde somit ein
nennenswerter Schuldenabzug im allgemeinen nicht in Frage kommen. Ganz
anders bei der Industrie. Hier beruht es mehr oder weniger auf Zufällig-
keiten, ob eine Schuld mit Hypothek versehen ist oder nicht. Ein Fabrik-
besitzer, der sich durch Lombardierung von Wertpapieren oder gegen
Stellung eines Bürgen oder gegen einfachen Schuldschein Geld zur Ver-
stärkung seiner Betriebsmittel verschaffen kann, würde berechtigt sein,