Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Stauffenderg. 731 
eine neue Entdeckung gemacht; er sagt nämlich: „Der Malzaufschlag betrug 
im letzten Jahre der Finanzpcriode 8,823,201 fl. und ist für ein Jahr der 
X. Finanzperiode auf 9,351,150 fl. veranschlagt. Wenn an dessen Stelle 
eine allgemeine in die Bundeskasse fließende Biersteuer treten wird, werden 
wir sicher nochmal 50 8 Steuererhöhung bedürfen,“ und diese 503 rechnet 
der Herr Abgeorduete schließlich auch dazu und kommt auf eine exorbitante 
Summe. Er bringt 192° Steuererhöhung heraus, und das bei einer ganz 
friedlichen Entwicklung. Warum der Herr Abgeordnete die runde Summe 
nicht voll gemacht hat, weiß ich nicht. (Heiterkeit.) Es kommt Ihnen jetzt 
das etwas heiter vor, aber es hat auch seine ernste Seite. Man sollte doch 
meinen, daß wenn man so viel Gewicht auf die Stimme des Volkes legt, 
man denn doch eine richtig informirte Volksstimme voraussetzen muß. Ich habe, 
ich weiß nicht bei welcher Gelegenheit, gehört oder im Referate gelesen, man 
solle von einem weniger gut unterrichteten König an einen besser unterrichte- 
ten appelliren. Nun, meine Herren, von einem derartig unterrichteten 
Volke müssen wir doch auch an ein besser unterrichtetes appelliren! Ich habe 
diesen Punkt nur erwähnt, um Gelegenheit zu geben, derartige Monstrositäten 
zu verbessern und, wie ich hoffe, nicht mehr in Scene zu setzen. Wenn man, 
meine Herren, eine derartige Steuervermehrungsberechnung anstellen wollte, 
ja dann wäre es sehr leicht und zwar auf ganz einfachem und sehr sicherem 
Wege zu einem ganz ähnlichen Resultate für den Fall der Ablehnung der 
Verträge zu kommen. Ich könnte Ihnen, meine Herren, mit Ziffern, welche 
im Einzelnen ebenso wenig angreifbar sind, wie die Ziffern des Herrn Kolb, 
eine Steuerliste zusammensetzen, welche Sie zahlen müssen, wenn Sie nicht 
in den Deutschen Bund eintreten. Ich weiß nicht, meine Herren, ob das, 
was ich in dieser Zahlenliste voraussetze, auch wirklich eintritt, aber es kann 
wenigstens eintreten, es ist ebenso eine hypothetische Zahlenberechnung, wie 
die des Herrn Kolb wenigstens in einem großen Theile seiner Ausführung 
ist. Ich rede hier, Sie werden das Alle schon errathen haben, von dem 
Zollvereine. Man sagt: der Jollverein kann nicht gekündigt werden, der 
Herr Referent sieht sogar eine Verletzung seines moralischen Gefühles da- 
rin, wenn man überhaupt nur davon redet, daß es möglich sei, daß der Joll- 
verein gekündet werde. Allein ich bitte Sie, die Verhältnisse rechtlich und 
thatsächlich doch in's Auge zu fassen, wie sie gegenwärtig bestehen. Der Zoll- 
vereinsvertrag ist bis zum Jahre 1877 geschlossen. Wenn man den Artikel 1 
des Vertrages allein lesen würde, so würde man glauben, er trete 
von selbst außer Wirksamkeit, wenn man aber den Artikel 27 liest, so sieht 
man, daß er einer Kündigung bedarf, die wenigstens ein Jahr vorher eintreten 
muß. Nun sagt man, Preußen kann den Zollverein nicht künden, es ist eine 
moralische Unmöglichkeit, daß es ihn künde! Wie schon ein Redner vorher 
bemerkt hat, geht diese Annahme von der Voraussetzung aus, daß es ganz 
allein im Pouvoir Prcußens, d. h. der preußischen Regierung, d. h. Bis- 
marck's liegen würde, ob der Zollverein gekündigt wird oder nicht. Schon
	        
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