Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

Abschnitt IX. Strafgesetzbuch. 589 
wenn sie im Höchstbetrage mit einer Freiheitsstrafe von einer längeren 
als zehnjährigen Dauer bedroht sind, in fünfzehn Jahren; 
wenn se mit einer geringeren Freiheitsstrafe bedroht sind, in zehn 
Jahren. 
Die Strafverfolgung von Vergehen, die im Höchstbetrage mit einer län— 
geren als dreimonatlichen Gefängnißstrafe bedroht sind, verjährt in fünf Jahren, 
von anderen Vergehen in drei Jahren. 
Die Strafverfolgung von Uebertretungen verjährt in drei Monaten. 
Die Verjährung beginnt mit dem Tage, an welchem die Handlung be- 
gangen ist, ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt des eingetretenen Erfolges. 
§. 68. Jede Handlung des Richters), welche wegen der begangenen That 
gegen den Thäter gerichtet ist, unterbricht die Verjährung. 
Die Unterbrechung findet nur rücksichtlich desjenigen statt, auf welchen die 
Handlung sich bezieht. 
Nach der Unterbrechung beginnt eine neue Verjährung. 
S. 69. (In der Fassung Ges. 26. März 1893, R. G. Bl. S. 133.) Die Ver- 
jährung ruht während der Zeit, in welcher auf Grund gesetzlicher Vorschrift 
die Strafverfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann. I18t 
der Beginn oder die Fortsetzung eines Strafverfahrens von einer Vorfrage ab- 
hängig, deren Entscheidung in einem anderen Verfahren erfolgen muss, so rubt 
die Verjährung bis zu dessen Beendigung?). 
Ist zur Strafverfolgung ein Antrag oder eine Ermächtigung nach dem 
Strafgesetz erforderlich, so wird der Lauf der Verjährung durch den Mangel 
des Antrages oder der Ermächtigung nicht gehindert. 
§. 70. Die Vollstreckung rechtskräftig erkannter Strafen verjährt, wenn 
1. auf Tod oder auf lebenslängliches Zuchthaus oder auf lebenslängliche 
Festungshaft erkannt ist, in dreißig Jahren; 
2. auf Zuchthaus oder Festungshaft von mehr als zehn Jahren erkannt ist, 
in zwanzig Jahren; 
3. auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren oder auf Festungshaft von fünf bis 
zu zehn Jahren oder Gefängniß von mehr als fünf Jahren erkannt ist, 
in fünfzehn Jahren; 
4. auf Festungshaft oder Gefängniß von zwei bis zu fünf Jahren oder 
ust Geldstrafe von mehr als sechstausend Mark erkannt ist, in zehn 
ahren; 
5. auf Festungshaft oder Gefängniß bis zu zwei Jahren oder auf Geld- 
strafe von mehr als einhundertfünfzig bis zu sechstausend Mark erkannt 
ist, in fünf Jahren; 
6. auf Haft oder auf Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark erkannt ist, 
in zwei Jahren. 
Die Verjährung beginnt mit dem Tage, an welchem das Urtheil rechts- 
kräftig geworden ist. 
§. 71. Die Vollstreckung einer wegen derselben Handlung neben einer 
Freiheitsstrafe erkannten Geldstrafe verjährt nicht früher, als die Vollstreckung 
der Freiheitsstrafe. 
§. 72. Jede auf Vollstreckung der Strafe gerichtete Handlung derjenigen 
Behörde, welcher die Vollstreckung obliegt, sowie die zum Zwecke der Voll- 
streckung erfolgende Festnahme des Verurtheilten unterbricht die Verjährung. 
Vert “ der Unterbrechung der Vollstreckung der Strafe beginnt eine neue 
erjährung. 
1) Nur die Handlungen des Richters, nicht die der mir Strafvollstreckung be- 
trauten Behörde (Staatsanwaltschaft) unterbrechen die Verjährung, Opp. Anm. 2 
zu §S. 68, wohl aber die polizeilichen Strafverfügungen und die Strafbescheide der 
Verwaltungsbehörden in Abgabensachen, Str. P. O. §§. 453 Abs. 4, 459 Abs. 3. 
Bergl. auch §. 72. 
:) Also auch während der Dauer des Verfahrens zur Entscheidung über einen 
erhobenen Konflikt oder Kompetenzkonflikt.
	        
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