Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

1898 Abschnitt XII. Rheinisch-Westfälische Kirchen-Ordnung. 
b) Von dem heiligen Abendmahle. 
§. 96. Das heilige Abendmahl wird nach der Einsetzung unseres Herrn 
Jesu Christi, wonach das Brod gebrochen, und bei Austheilung des Brods 
die Einsetzungs-Worte des Herrn gesprochen werden, an den dem öffentlichen 
Gottesdienste gewidmeten Orten, auf eine, dem Zwecke desselben entsprechende 
Weise gefeiert ½. 
§. 97. Das heilige Abendmahl wird nach der Größe der Gemeinde, vier, 
acht oder zwölf Mal im Jahre, in den vormittägigen gottesdienstlichen Ver- 
sammlungen ausgetheilt, wenn nicht das Bedürfniß der Gemeinde eine öftere 
Austheilung nöthig oder wünschenswerth macht. 
§. 89. Wer das heilige Abendmahl in einer evangelischen Gemeinde, deren 
Mitglied er nicht ist, genießen will, muß ein Dimissorial von dem Pfarrer der 
Gemeinde, zu welcher er gehört, beibringen. Wird dieses Dimissorial ver- 
weigert, so entscheidet der Superintendent, und kann das Dimissorial, wenn er 
es nöthig findet, ausstellen. 
§. 99. Alle Konfirmirte und von den Sakramenten nicht ausgeschlossene 
Glieder der Gemeinde, dürfen an der Feier des beiligen Abendmahls Theil 
nehmen, jedoch mit der Ausnahme derer, welche wegen ihres temporären Zu- 
standes, z. B. Schwachsinnigkeit, den Zweck und die Bedeutung dieser heiligen 
Handlung nicht verstehen und sich selbst nicht prüfen können. 4 
§. 100. Einen oder mehrere Tage vor der Abendmahlsfeier oder am 
Morgen derselben, soll eine Vorbereitung gehalten werden, in welcher sowohl 
der Zweck und die Bedeutung dieser Handlung auseinandergesetzt, als auch 
jeder auf seinen Gemüthszustand aufmerksam gemacht und zu einer würdigen 
Begehung der Feier aufgemuntert wird. Die an manchen Orten herrschende 
Sitte, daß das ganze Presbyterium bei der Vorbereitung gegenwärtig ist, soll 
beibehalten und auch bei den übrigen Gemeinden eingeführt werden, damit dem 
Prediger die Personen, welche einer besonderen Vorbereitung bedürfen, bekannt 
werden. 
§. 101. Ein Taubstummer kann, wenn er übrigens die Erfordernisse eines. 
würdigen Communicanten an sich trägt, zum Genuß des heiligen Abendmahls 
zugelassen werden. , 
§. 102. Wenn Kranke ein Verlangen nach dem Genuß des heiligen Abend- 
mahls äußern, so soll ihnen derselbe gewährt werden, jedoch muß der Pfarrer 
die unchristlichen Irrthümer, welche dem Berlangen zu Grunde liegen möchten, 
zu entfernen bemüht sein. 
3. Vom Religions-Unterricht der Jugend und der Konfirmation. 
§. 103. Den ersten Religions= Unterricht empfangen die Kinder in den 
Schulen. Der umfassendere Unterricht, den der Pfarrer ertheilt, darf nicht 
später, als mit dem Eintritt in das 13. Lebensjahr beginnen. Zur Aufnahme 
eines Kindes in den Religions-Unterricht des Pfarrers wird erfordert, daß es 
lesen könne. Durch die Aufnahme selbst wird es indeß der Schulpflichtigkeit 
nicht entbunden, und bleibt dem Pfarrer überlassen, zu beurtheilen, ob ihm ein 
fernerer Schul-Unterricht noch nöthig sei. - 
.104.DerReligionBsUnterrichtmußwenigstenszweimalinderWoche 
ertheilt werden. 
§. 105. Wo mehr als 50 Kinder im Christenthume von demselben Prediger 
zu unterrichten find, müssen dieselben in zwei oder mehrere Cötus getheilt 
werden, deren keiner über die Zahl 50 hinausreicht. 
In Nothfällen kann auch die Ueberschreitung der Zahl von 50 Kindern 
für einen Cötus gestattet werden ?). 
§. 106. Die Bibel ist das Hauptbuch beim Religions-Unterricht. Es darf 
weder ein Lehrbuch, noch ein Katechismus, als Leitfaden des Unterrichts, ohne 
  
1) In Westfalen besteht weder auf Grund posfttiver Borschriften, noch auf Grund 
feststehenden Herkommens ein Hinderniß für die Selbstnahme des Abendmahls Seitens 
der Geistlichen, Res. 9. April 1881 (K. G. u. Vd. Bl. S. 29.) 
2:) Res. 25. Ang. 1853.
	        
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