164 Abschnitt XXXIII. Abänderung der Gewerbe-Ordnung.
Arbeitsbuchs durch Verschulden des Arbeitgebers nothwendig geworden, so ist diese
Gebühr von dem Arbeitsgeber einzuziehen (s. 112 Abs. 1).
XV. Während der bisherige §. 107 die Arbeitgeber verpflichtete, das Arbeitsbuch
an den Arbeiter selbst auszuhändigen, hat die Aushändigung des Arbeitsbuches nun-
mehr bei Arbeitern unter 16 Jahren an den Bater oder Vormund zu erfolgen. Bei
Arbeitern über 16 Jahre hat dies dann zu geschehen, wenn der Vater oder der Bor-
mund es ausdrücklich verlangt. Mit Genehmigung der Gemeindebehörde des im
§. 108 bezeichneten Ortes kann die Aushändigung auch an die Mutter oder einen
sonstigen Angehörigen oder unmittelbar an den Arbeiter erfolgen.
Diese Genehmigung ist insbesondere in solchen Fällen zu ertheilen, wo die Aus-
händigung des Arbeitsbuchs an den Vater oder Vormund wegen dessen Abwesenheit
oder Erkrankung schwer zu bewirken ist oder wegen mangelnder geistiger oder sittlicher
Qualifikation des Vaters zum Nachtheil des minderjährigen Arbeiters gereichen würde.
Zur Aushändigung des Arbeitsbuchs „an sonstige Angehörige“ des Arbeiters ist die
Genehmigung nur zu ertheilen, wenn der Aushändigung an die Mutter Gründe der
vorbezeichneten Art oder andere triftige Gründe entgegenstehen, und endlich an den
Arbeiter selbst nur dann, wenn dies auch bezüglich der sonstigen Angehörigen desselben
der Fall ist. Unter „Angehörigen“ sind solche Verwandte oder Hausgenossen des
minderjährigen Arbeiters zu verstehen, welche an Stelle der Eltern oder in Vertretung
des Vormundes thatsächlich die Pflege und Fürsorge für denselben ausüben.
XVI. Ein Zeugniß über Art und Dauer der Beschäftigung sowie über Führung
und Leistungen (§. 113) kann sowohl der minderjährige Arbeiter selbst als sein Vater
oder Vormund fordern. Die Aushändigung der Arbeitszeugnisse erfolgt an den Arbeiter,
auch an denjenigen, der das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, unmittelbar, falls
nicht der Vater oder Vormund verlangt hat, daß die Aushändigung an ihn geschehe.
Die Gemeindebehörde darf die Genehmigung zur unmittelbaren Aushändigung des
Zeugnisses an den Arbeiter gegen den Willen des Vaters oder Vormundes nur dann
ertheilen, wenn die Aushändigung an letzteren wegen mangelnder geistiger oder sittlicher
Qualifikation des Vaters oder aus anderen Gründen zum offenbaren Nachtheil des
minderjährigen Arbeiters gereichen würde.
XVII. Die Ortspolizeibehörden haben sich sofort mit einer hinreichenden Anzahl
von neuen Formularen zu Arbeitsbüchern zu versehen und solche fortlaufend vorräthig
zu halten. Die bisher benutzten Formulare find als unbrauchbar zu vernichten.
Für den erstmaligen Bedarf an Formularen kommt in Betracht, daß im Hinblick
auf die Aeuderungen, welche die S§s. 107 bis 114 der Gewerbe-Ordnung und die
Einrichtung des Arbeitsbuches mit dem 1. April 1892 erfahren, von diesem Zeitpunkt
an sich auch diejenigen minderjährigen Arbeiter mit einem den neuen Bestimmungen
entsprechenden Arbeitsbuch versehen müssen, welche bereits vorher in Beschäftigung
getreten sind. Die bisherigen Arbeitsbücher find als nicht mehr brauchbar durch einen
amtlichen Vermerk zu schließen. Eine Gebühr darf für diese durch den Erlaß des
Gesetzes vom 1. Juni 1891 nothwendig gewordene Ersetzung der bisherigen Arbeits-
bücher durch neue nicht erhoben werden. Es empfiehlt sich, die Arbeiter und Arbeit-
geber durch wiederholte Bekanntmachung unter Hinweis auf die Strafbestimmungen
des §. 150 Ziff. 1 und 2 der Gewerbe-Ordnung hierauf aufmerksam zu machen und
dabei gleichzeitig auch die unter III. bezeichneten Bestimmungen hervorzuheben.
Sollten die Ortspolizeibehörden sich einen den ersten Anforderungen genügenden
Vorrath von Formularen nicht zeitig genug beschaffen können, so find zunächst die-
jenigen Arbeiter, welche in eine neue Beschäftigung eintreten und sodann unter den
übrigen diejenigen Kinder und jungen Leute, welche in Fabriken und diesen gleich-
stehenden Anlagen (vergl. unter I.) beschäftigt sind, mit Arbeitsbücher zu versehen.
B. Lohnzahlung (5§5. 115a Gew. O.).
Die Genehmigung zur Vornahme von Lohn= und Abschlagszahlungen in Gast-
und Schankwirthschaften oder Verkaufsstellen ist von der untern Verwaltungsbehörde
nur auf Antrag des Gewerbetreibenden und nur in Fällen dringenden Bedürfnisses
zu ertheilen. Ein solches ist in der Regel nur anzunehmen für kleinere nicht ständigé
Betriebe (Ziegeleien, Steinbrüche 2c.) und Bauten, wenn eine zur Vornahme der
Lohnzahlungen geeignete Räumlichkeit auf der Betriebsstätte, oder in deren Nähe nicht
vorhanden, ihre Beschaffung auch ohne unverhältnißmäßige Kosten und Schwierigkeiten