Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

Abschnitt XXXIII. Abänderung der Gewerbe-Ordnung. 167 
Diese hat in zweifelhaften und wichtigen Fällen vor ihrer Entscheidung die Ent- 
schließung des Ministers für Handel und Gewerbe einzuholen. Gegen die Entschei- 
dung der höheren Verwaltungsbehörde findet eine weitere Beschwerde nicht statt. 
VI. Auf Arbeitsordnungen, welche vor dem 1. Jan. 1891 erstmalig erlassen 
find, finden die Vorschriften der 88. 1344 und 134e Abs. 1 über die Anhörung der 
Arbeiter keine Anwendung. Dies gilt für die vor dem 1. Jan. 1891 erlassenen 
Arbeitsordnungen auch dann, wenn sie nach diesem Zeitpunkt, aber vor dem 1. April 
1892 abgeändert oder vollständig revidirt und umgestaltet worden sind. Dagegen 
finden die §§. 1344 und 134e Abs. 1 Anwendung auf alle nach dem 1. Jan. 1891 
erstmalig erlassenen Arbeitsordnungen und auf alle Nachträge, durch welche nach dem 
1. April 1892 früher erlassene Arbeitsordnungen abgeändert werden. 
Aus der Vorschrift des §. 134 a Abs. 1: „der Erlaß erfolgt durch Aushang“ ist 
nicht zu folgern, daß ältere Arbeitsordnungen, deren Aushang nicht stattgefunden hat, 
nicht als erlassen gelten; sie müssen vielmehr von dem Zeitpunkt an als erlassen an- 
gesehen werden, wo sie in anderer Form, z. B. durch Behändigung, allen Arbeitern 
zugänglich geworden sind. Dagegen müssen vom 1. April 1892 an, nach §. 134 
Abs. 2 alle Arbeitsordnungen an geeigneter, allen Arbeitern zugänglichen Stelle aus- 
gehängt sein. 
E. Anzeige, Verzeichniß und Auszüge bei der Beschäftigung von 
Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern (§. 138 Gew. O.). 
I. Die Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern in Fabriken 
und diesen gleichstehenden Anlagen darf nicht stattfinden, bevor der Arbeitgeber der 
s die im §. 138 der Gewerbe-Ordnung vorgeschriebene Anzeige ge- 
macht hat. 
Die Fabriken, welche jugendliche Arbeiter beschäftigen, unterlagen bereits bisher 
dieser Anzeigepflicht. Neu hinzugetreten ist diese für Fabriken, welche Arbeiterinnen 
über 16 Jahren beschäftigen. Sie gilt sowohl für diejenigen Fabriken, welche erst am 
oder nach dem 1. April 1892 mit solcher Beschäftigung beginnen, als auch für die- 
lenigen Fabriken, welche bereits vorher Arbeiterinnen über 16 Jahre beschäftigt haben. 
s— Fabriken ist zur Erstattung der Anzeige Frist bis zum 16. April 1892 zu 
ewähren. 
Als den Fabriken gleichstehende Anlagen sind anzusehen: 
1. Hüttenwerke, Zimmerplätze und andere Bauhöfe, Werfte und solche Ziegeleien, 
über Tage betriebene Brüche und Gruben, welche nicht bloß vorübergehend oder in 
geringem Umfange betrieben werden (vergl. J. II.), Bergwerke, Salinen, Aufbereitungs- 
anstalten, unterirdisch betriebene Brüche oder Gruben (§. 154 Abs. 2, §. 154 a Abs. 1); 
2. Werkstätten, in deren Betrieb eine regelmäßige Verwendung von Dampfkraft 
Ktattfindet und nach Erlaß der im Art. 9 des Gesetzes vom 1. Juni 1891 vorgesehenen 
Kaiserlichen Berordnung alle Werkstätten, in denen durch elementare Kraft bewegte 
Triebwerke nicht bloß vorübergehend zur Verwendung kommen (8. 154 Abs. 8 und 
Art. 9 Abs. 1 Ges. 1. Juni 1891). 
II. Die Anzeige ist schriftlich zu erstatten und muß ersehen lassen, ob in dem 
Betriebe Kinder unter 14 Jahren, junge Leute zwischen 14 und 16 Jahren und 
Arbeiterinnen über 16 Jahre, oder welche dieser drei Arbeiterklassen beschäftigt werden 
sollen. Jede eingehende Anzeige ist von der Ortspolizeibehörde darauf zu prüfen, ob 
sie alle im §. 138 Abs. 2 vorgeschriebenen Angaben enthält, und wenn dies nicht der 
Fall, zur Vervollständigung zurückzugeben. 
Die eingehenden Anzeigen, sowie die später etwa eingehenden Veränderungs- 
anzeigen sind zu den Akten der Ortspolizeibehörde zu nehmen, welche für jede Fabrik 
besonders zu führen sind. " 
III. Auf Grund der eingehenden Anzeigen und Veränderungsanzeigen ist von 
der Ortspolizeibehörde nach den beigefügten Formularen B. und C. je ein Verzeichniß 
er im Verwaltungebezirk belegenen Fabriken, welche Arbeiterinnen über 16 Jahre 
und derjenigen, welche jugendliche Arbeiter beschäftigen, zu führen. Dies Ver- 
dochrif ist dem zuständigen Gewerbe- Aufsichtsbeamten auf Ersuchen zur Einsicht 
rzulegen. 
IV. Jeder Arbeitgeber, welcher die im §. 138 vorgeschriebene Anzeige gemacht 
hat, ist von der Ortspolizeibehörde darauf hinzuweisen, sofern er Arbeiterinnen be-
	        
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