596 Abschnitt XXXV. Gewerbesteuer-Gesetz.
Zu Anmerkung 8 auf S. 595.
eine mit der Absicht auf Gewinnerzielung unternommene, selbständige, berufsmäßige
und erlaubte Arbeitsthätigkeit versteht, die sich als Betheiligung am allgemeinen
wirthschaftlichen Verkehr darstellt. »
Nutzung von Geldkapitalien und Immobilien ohne Arbeit ist niemals Ge-
werbe; z. B. das Ausleihen von Bangeldern, wie überhaupt von Kapitalien, falls
nicht bestimmte Thatsachen die Annahme eines bankmäßigen oder ähnlichen Betriebes
rechtfertigen, E. O. V. in St. III. 265; der Ankauf oder die Erbanung von Hänusern
behufs Nutzung durch Vermiethung, Res. 3. Sept. 1892 (M. 26 Nr. 39); erst der
Ankauf von Grundstücken oder die Erbauung von Häusern behufs gewinnbringenden
Wiederverkaufes begründet ein steuerpflichtiges Gewerbe, E. O. B. in St. III. 285.
Die Arbeit muß in einer unmittelbaren oder mittelbaren Betheiligung am all-
gemeinen wirthschaftlichen Verkehre bestehen, weshalb z. B. kein steuerpflichtiges Ge-
werbe betreiben die lediglich für ihre Mitglieder arbeitenden Konsumvereine 2c. und
die Versficherungsgesellschaften auf Gegenseitigkeit; vergl. Erk. O. V. G. 20. Juni
1888 (Pr. V. Bl. IX. 448), E. O. V. XXI. 43, E. O. V. in St. III. 358; die
Betriebe zur Befriedigung eigener wirthschaftlicher Bedürfnisse, E. O. V. XVI. 85,
E. O. V. in St. IV. 306.
Der Arbeit darf ferner die Gewinnabsicht nicht fehlen, E. O. V. IX. 54, Erk.
O. Trib. 17. Mai 1873 (O. R. XIV. 378). Diese fehlt in der Regel beim Ver-
kaufe von Konkursmassen und bei der Liquidirung von Aktiengesellschaften, E. O. B.
XIV. 124, Erk. O. V. G. 10. Mai 1892 (Pr. V. Bl. XIII. 471). Doch ist die
rechtliche Möglichkeit des Fortbestehens des Gewerbebetriebes auch bei Gesellschaften
in Liquidation nicht ausgeschlossen und je nach den Umständen des Einzelfalles zu
beurtheilen, vergl. Res. 16. Aug. 1876 (M. 10 S. 25); E. O. V. in St. IV. 266,
414, 415 (Terraingesellschaften). Auf die Größe des Umsatzes und Höhe des Ver-
dienstes kommt es nicht an, Erk. O. Trib. 11. Okt. 1878 (O. R. XIX. 454).
Ein weiteres Erforderniß ist eine fortgesetzte Thätigkeit in einem berufsmäßigen
Wirkungskreise; daher kann eine Einzelhandlung nur dann als Beginn eines Gewerbes
angesehen werden, wenn die Absicht der Wiederholung besteht, Erk. O. Trib. 30. Juni
1876 (O. R. XVII. 478); die Absicht eines dauernden Gewerbebetriebes ist nicht
nöthig, auch vorübergehende Thätigkeiten schließen den Charakter der Gewerbsmäßigkeit
nicht aus, E. K. X. 188. Wesentlich ist eine Mehrheit gleichartiger, einen berufs-
mäßig abgegrenzten Wirkungskreis bildender Handlungen, E. O. V. XI. 54, XIV.
124, XV. 41. Im Gegensatze zum Haufirgewerbe ist beim stehenden Gewerbe sodann
subjektive und objektive Selbständigkeit erforderlich; subjektive, d. h. Betrieb für
eigene Rechnung und unter eigener Verantwortlichkeit, E. K. VII. 208, E. Crim.
III. 418, XI. 306; slenerfrei ist daher z. B. auch der am Verlage und der Heraus-
gabe nicht betheiligte Redakteur einer Zeitung, E. O. V. in St. III. 261; wer ledig-
lich als Gehülfe oder Vertreter ein Gewerbe ausübt, ist steuerfrei, selbst wenn der
Vertretene zur selben Zeit anderweitig gewerblich thätig ist, Erk. O. Trib. 11. Mai
1866 (O. R. VII. 289), oder der Lohn des Vertreters in einem Prozentsatze des
erzielten Kaufpreises besteht, E. K. IX. 193, oder der Vertreter auf eigene Rechnung
die Kaufpreise kreditirt, Erk. K. G. 26. Nov. 1888 (G. A. XXXVII. 90) — im
Gegensatze zu einem (steuerpflichtigen) Büfferkellner, der Bier auf eigene Rechnung kauft
und verschänkt, Erk. Landger. Berlin II 27. Sept. 1888 (Pr. V. Bl. X. 9); ob-
jektive, d. h. die Ausgestaltung eines Betriebes zu einer in sich abgeschlofsenen, für
sich bestehenden Betheiligung am wirthschaftlichen Verkehr. Auf diesem Gebiete ist
besonders schwierig die Frage nach Steuerpflichtigkeit der Hausindußtrie; bejahend
Res. 16. Okt. 1880 (M. 14 S. 35), 15. März 1889 (3l. 23 S. 22), 12. Mai 1893
(M. 29 Nr. 20).
Die Thäligkeit darf endlich keine unsittliche oder objektiv unerlaubte sein, z. B.
Kuppelei, Prostitution, Betteln, E. O. V. XI. 54; Wahrsagerei, Traumdenterei.
Im Einzelnen sind noch folgende Entsch des O. V. G. in St. ergangen: Bau-
unternehmer ist nur derjenige, der gegen Entgelt für fremde Rechnung baut, III.
285; das Vermiethen möblirter Zimmer oder Wohnungen in längerer Fortsetzung
oder regelmäßiger Wiederholung ist steuerpflichtig, auch wenn dieser Erwerbszweig
nur Nebeneinnahmen gewähren soll, III. 242; die Unterhaltung eines zoologischen
Gartens durch eine Aktiengesellschaft bilder für sie auch dann einen steuerpflichtigen
Gewerbebetrieb, wenn sie ihren Mitgliedern statt der Dividende andere Vortheile,
z. B. freien Eintritt für sich und ihre Angehörigen gewähren, III. 313.