2 Abschnitt XXXIII. R. Gew. Ordn. Allgemeine Bestimmungen.
Zu Anmerkung 2 auf S. 1.
ihre Ausübung unterworfen ist. §. 1 bezieht sich also lediglich auf die Zulassung
zum Betriebe von Gewerben im Allgemeinen, keineswegs aber auf diejenigen polizei-
lichen, im öffentlichen Interesse erlassenen Vorschriften, unter denen die Ausübung
eines bestimmten Gewerbes überhaupt gestattet ist und denen sich Jedermann zu unter-
werfen hat, der es betreiben will, Erk. 1. Juni 1870 (G. A. XVIII. 630), 4. Nov.
1870 (M. Bl. 1871 S. 13). Beifpielsweise find also die älteren, auf die Zulassung
öffentlicher Tanzlustbarkeiten bezüglichen Polizei-Verordnungen nicht aufgehoben,
Erk. O. Trib. 18. Jan. 1871 (J. M. Bl. S. 114); desgl. nicht die Polizei-Verord-
nungen, durch die die Führung von Fremdenzetteln und Fremdenbüchern Seitens der
Gastwirthe vorgeschrieben ist; desgl. nicht die landespolizeilichen Anordnungen, durch
die Einschränkungen von Konzessionen mit Kücksicht auf Nachtheile und Belästigungen
der Nachbarn eingeführt, Erk. 19. Sept. 1876 (O. N. XVII. 567) oder Beschrän-
kungen bei Ausübung eines Gewerbes im Interesse der Ordnung und Gesetzlichkeit
bei öffentlichen Zusammenkünften oder anderweit vorgeschrieben sind, Erk. 18. Jan.
1871 (O. R. XII. 42).
Vergl. auch E. O. B. XVIII. 303 und E. K. VIII. 148.
Auf die Vertragsfreiheit übt die Gewerbefreiheit keinen hindernden Einfluß.
Ein Vertrag, durch den der eine Kontrahent dem andern Kontrahenten gegenüber
sich verpflichtet, ein Gewerbe in einem bestimmten Bezirke nicht zu betreiben, ist nach
der Gew. O., insbesondere nach den in dem §. 1 und §. 10 derselben enthaltenen
Vorschriften nicht ungültig, Erk. O. Trib. 9. Juli 1877 (E. LXXX. 1). Dasselbe
gilt von Verträgen, wodurch der eine Kontrahent sich verpflichtet, einzelne bestimmte
Waaren weder zu fabriziren, noch zu vertreiben, noch das Fabrikationsgeheimniß
anderen mitzutheilen, wenn diese Beschränkung weder örtlich noch zeitlich begrenzt ist,
Erk. 20. Okt. 1880 (E. Civ. II. 118). Fnsö“ issen Orundstüces zu eine
Verträge, die das Verbot der Benutzung eines gewissen n m
Oewerbe enhaalten , sind gültig, Res. 13. Jan. 1852 (v. K. Jahrb. XXXIX. 113)
und Erk. O. Trib. 11. Dez. 1876 (bei Marcinowski S. 9). *rs
Bestehende Rechte Anderer beschränken indessen die Gewerbefreiheit, soweit ste
neben der Gew. O. Bestand haben. Vergl. E. Civ. XXIII. 23. Hierher gehören
Patentrechte, Urheberrechte und die durch die Gew. O. ausdrücklich aufrecht erhaltenen
Gewerbeberechtigungen. » » .
2) Gewerbe im Sinne der Gew. O. ist, soweit letztere nicht ausdrücklich für
unauwendbar erklärt ift, diejenige erwerbende Thätigkeit, die volkswirthschaftlich und
wissenschaftlich als Gewerbe betrachtet wird, außerdem diejenige wirthschaftliche Thä-
tigkeit, die sich in den charakteristischen äußeren Formen bestimmter Gewerbebetriebe
bewegt, und diejenige erwerbende Thätigkeit, auf die die Gew. O. ausdrücklich für
anwendbar erklärt ist. #
Ein Gewerbebetrieb ist nur vorhanden, wenn eine Thätigkeit geübt wird, die
die Absicht erkennen läßt, dieselbe Handlung zur Erzielung von Bermögensvortheilen
auch in Zukunft zu wiederholen. Nur unter dieser Voraussetzung kann auch eine
einzelne Handlung als der Beginn eines Gewerbes angesehen werden, Erk. 30. Juni
1876 (O. R. XVIII. 478), 13. Juli 1877 (O. R. XVIII. 407) und Erk. K. G.
3. Febr. 1890 (E. K. X. 188), nicht aber die Ansnutzung einer sich darbietenden
einmoligen Gelegenheit, Erk. 10. Jan. 1874 (O. R. XV. 20) und ebensowenig
eine aus bloßer Gefälligkeit oder gegen Erstattung der Auslagen geübte Thätigkeit,
Res. 18. Dez. 1849 (Winiker S. 335). Der erzielte Bermögensvortheil braucht nicht
in einem Geldgewinne zu bestrhen, Erk. 17. Juli 1873 (O. R. XIV. 378). Doch
ist die ausschließlich auf Abwendung eines Schadens gerichtete Thätigkeit mit dem
Begriffe des Gewerbes nicht vereinbar, E. K. XII. 193.
Die Entscheidung der Frage, ob ein Gewerbebetrieb als handwerks-
mäßiger oder als Fabrikbetrieb im Sinne der Ss. 134ff. Gew. O. zu erachten
sei, ist rein thatsächlicher Natur und hängt von der Abwägung der im Einzelfalle
vorhandenen oder fedlenden Unterscheidungsmomente in ihrer Gesammtheit ab, Erk.
R. G. 13. Dez. 1887 (2809. 87).
Den Verkauf von zu einer Konkursmasse gehörenden Waaren durch den Konkurs-
verwalter zum Behnf ihrer Verfilberung für die Konkursmasse ist kein Gewerbebetrieb,
Erk. 3. Jan. 1879 (O. R. XX. 4), wohl aber die Fortführung des Geschäftes für