28 I. Geschichtliche Einleitung.
diesen Bestrebungen lag es keineswegs in der Absicht des ECpiskopats, den
Einfluß auf die Leitung des Volksschulwesens, welchen die katholische Kirche
bisher aufgrund der staatlichen Gesetzgebung ausgeübt hatte, ganz oder
auch nur teilweise aufzugeben; das Bestreben des katholischen Kirchenregiments
war vielmehr auf die Erlangung eines nicht mehr aus staatlichem Auftrag,
sondern kraft eigener Machtvollkommenheit auszuübenden Aunteils an der
Leitung des gesamten öffentlichen Unterrichts, insbesondere des Volksschul-
wesens gerichtet. In der Denkschrift der Bischöfe der Oberrheinischen Kirchen-
provinz vom 18. Juni 1853 verlangten dieselben, daß dem Episkopat die
ausschließliche Leitung des Religionsunterrichts überlassen und ihm namentlich
das ausschlie ßliche Recht, die Zahl der Stunden für diesen Unterricht in
den Volksschulen zu bestimmen, ein eräumt werde. Nebstdem verlangte der
Episkopat auch eine direkte Ueberwachung des übrigen (profanen) Unterrichts
an den Volksschulen in der Weise, daß dem Bischof das Recht zustehe, religiös
entartete Lehrer auszuschließen, die einzuführenden Schulbücher zu genehmigen
und die Schulen durch von ihm bestellte Kommissäre zu bisitieren, ja durch
ständige bischöfliche Beamte beaufsichtigen zu lassen. Die paritätischen Schulen
sollten aufgehoben und die Bischöfe berechtigt werden, kirchliche Schulen aus
eigenen Mitteln zu errichten.
Die Regierungen der zur Oberrheinischen Kirchenprovinz gehörigen
Staaten konnten auf so weitgehende Forderungen nicht eingehen. In der
zwischen der badischen Regierung und dem päpstlichen Stuhle nach langen
Verhandlungen zustande gekommenen Vereinbarung zur Regelung der An-
gelegenheiten der katholischen Kirche im Großherzogtum — abgeschlossen am
28. Juni 1859 und verkündigt mit der Bulle „Acterni Pastoris vicaria“
durch landesherrlich: Verordnung vom 5. Dezember 1859) — wurde in
Beziehung auf das Volksschulwesen für den Erzbischof nur die selbständige
Leitung des Religionsunterrichts und ein Mitwirkungsrecht bei der Ernennung
des Vorstehers der Oberschulbehörde für die katholischen Schulen des Groß-
herzogtums zugestanden.) Einer Berrchtigung des Erzbischofs, kirchliche
Schulen aus kirchlichen Mitteln zu errichten, ist in der Konvention nicht
!) Reg.-Bl. von 1859 Nr. 60 S. 441—462.
) Artikel VII der Konvention:
„Die religiöse Unterweisung und Erziehung der katholischen Jugend in
„allen öffentlichen und Privat-Schulen wird der Erzbischof, gemäß der ihm
„eigenen Hirtenpflicht, leiten und überwachen. Er wird deshalb auch die
„Katechismen und Religionslehrbücher bestimmen, nach denen der Unterricht
„zu erteilen ist.“
„In den Elementarschulen wird der Religionsunterricht von den Orts-
„geistlichen, in anderen Lehranstalten nur von solchen erteilt, denen der
„Erzbischof Ermächtigung und Sendung dazu verliehen und nicht wieder
„entzogen hat.“"