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Diese fortgesetzten Belästigungen, sowie
eine anstrengende Reise, welche Harders in
Folge derselben während der Regenzeit hatte
unternehmen müssen, hatten auf dessen körper-
lichen und geistigen Zustand so ungünstig ein-
gewirkt, daß er am 11. April 1886 einem
Fieberanfall erlag.
Kurz nach Harders Ableben und noch
vor Eintreffen des neubestellten
Hermann Giesecke wurde ein frecher Ein-
bruch in die deutsche Niederlassung durch
Untergrabung der Mauern ausgeführt und
dabei eine bedeutende Quantität Elephanten-
zähne im Werthe von 4000 Dollars geraubt.
Durch die Aussagen der Wächter und anderer
Zeugen ist festgestellt worden, daß dieser Dieb-
stahl von dem Araber Mohammed ben
Kassim ausgeführt worden ist. — Schon am
vierten Tage nach Gieseckes Ankunft in
Tabora, als derselbe Abends bei Lampenscheine
vor seinem Hause mit Lektüre beschäftigt war,
wurde auf wenige Schritte Entfernung ein
Schuß auf ihn abgefeuert. Die Ladung, aus
einer Kugel und mehr als 30 Bleistückchen
bestehend, zertrümmerte die Lampe und schlug
in die Mauer ein, während Giesecke wunder-
barer Weise unverletzt blieb. Die angestellten
Nachforschungen machten es wahrscheinlich, daß
Mohammed ben Kassim den Mordversuch
ins Werk gesetzt hatte, um der Verfolgung
seines Diebstahls vorzubengen. Im September
desselben Jahres fand ein wiederholtes Attentat
auf Gieseckes Leben statt, welches leider dessen
Tod zur Folge hatte. Der Afrikareisende
Dr. Junker, welcher sich damals in Tabora
befand, hat dem Kaiserlichen Konsulat in
Zanzibar hierüber folgende Mittheilungen ge-
macht. Er und Giesecke schlossen sich Mitte
September der Karawane des bekannten Arabers
Mohammed ben Mohammed, genannt
Tippo-Tip, an, um unter dessen Schutz sicher
nach der Küste zu gelangen. Am 24. September
hatten sic in einer dem letzteren gehörigen
Tembe, d. h. verpallisadirten Wohnung, unweit
Tabora, ihr Lager aufs#geschlagen, während
Tippo-Tip, der diesen Platz als Sammel-
ort der vereinigten Karawanen benutzte, sich
noch zwischen der Tembe und Tabora hin-
und herbewegte. Im äußersten Theil der
Umfriedigung, welche ziemlich schadhaft war,
hatten Giesecke und Dr. Junker ihre Zelte
aufgeschlagen. Am 26. September, etwa um
10/ Uhr Abends, hörte Dr. Junker vier
bis sechs Gewehrschüsse fallen und sofort
Giesecke um Hülfe rufen. Dr. Junker be—
gab sich nach dem einige Schritte entfernten
Zelt des Genannten, welches die Spuren von
Flintenschüssen an sich trug, deren Ränder
Vertreters
noch glimmten. Zugleich sah er mehrere
Männer mit Flinten davon eilen. Giesecke
lag vor der Thür seines Zeltes auf dem
Rücken, an beiden Füßen schwer verwundet,
mit zwei Schußwunden am linken Oberschenlel
und der linken Schulter. In der Nähe des
Zeltes fand man einen unbekannten Neger,
der noch ein Licht in der Hand hielt, erschossen;
er gehörte offenbar zur Mordbande und war
aus Versehen mit erschossen worden. Ein zur
Gieseckeschen Karawane gehöriger Neger war
durch einen Schuß ins Bein verwundet worden.
Tippo-Tip, welcher inzwischen angekommen
war, versuchte die Thäter zu verfolgen, konnte
dieselben indessen nicht ergreifen. Giesecke
wurde nach der in der Nähe befindlichen fran-
zösischen Missionsstation gebracht und starb
vier Tage darauf an den erhaltenen Wunden. —
Es ist zweifellos festgestellt worden, daß Mo-
hammed ben Kassim an der Mordthat als
Anstifter oder Thäter betheiligt gewesen ist.
Seine Festnahme konnte jedoch nicht erfolgen,
weil er sich nach dem westlich vom Tanganjika-
See belegenen Manyema zu retten gewußt
hatte. Alles, was bisher geschehen konnte,
war die Beschlagnahme cines dem Mohammed
ben Kassim gehörigen Landgutes auf der
Insel Pemba sowie eines von Seth ben
Juma nach der Küste gesandten Elfenbein-
transportes. Der verhältnißmäßig geringe
Erlös ist der Firma H. A. Meyer zur theil-
weisen Deckung des ihr durch den Elfenbein-
diebstahl und die Belästigungen Seth ben
Jumas zugefügten bedeutenden Schadens
üNberwiesen worden.
Nunmehr ist es gelungen, den Mohammed
ben Kassim in Saadani, wohin er mit ge-
ringen Habseligkeiten gekommen war, gefangen
zu nehmen. Er ist durch kriegsgerichtliches
Urtheil vom 6. Juni d. J. in Bagamoyo
wegen Theilnahme an der Ermordung des
deutschen Reichsangehörigen Hermann Gie-
secke und wegen versuchten Ueberfalles der
Station der Schutztruppe in Mpuapua zum
Tode verurtheilt und am 25, desselben Monats
hingerichtet worden.
Die englische Universitäten-Rission in GOst-Afrika.
In dem Augustheft der von der englischen
Universitäten-Mission herausgegebenen monat-
lichen Berichte über ihre Thätigkeit in Central=
Afrika wird auch das deutschenglische Ab-
kommen einer Besprechung vom Standpunkte
der Mission aus unterzogen. Der Verfasser
derselben giebt zwar seinem Bedauern darüber
Ausdruck, daß die Missionsstationen Magila