Full text: Deutsches Kolonialblatt. I. Jahrgang, 1890. (1)

—— 
gebiet der Neu-Guineg-Kompagnie) entsandt. 
Dieselben haben sich am 26. April d. J. in 
Amsterdam eingeschifft, um sich über Sverabaya 
zunächst nach Finschhafen zu begeben. Die 
Namen der Missionare sind: P. Hermann 
Kliem, P. Vernard Bley, Fr. Coelestin 
Kasser und Fr. Jakob Winkler. 
Branntweinbandel in Groß= Kamagqualand. 
Bis vor etwa sechs Jahren spielte der 
Alkohol, und zwar hauptsächlich der sehr 
schlechte Branntwein, welcher in Kapstadt aus 
den Rückständen der Weintrauben beim Keltern 
bereitet wird, eine große Rolle im Handel. 
Gegen Branmtwein wurden Straußenfedern, 
der damals gesuchteste Artikel im Lande, ein- 
getauscht. Auch wurden die Eingeborenen durch 
Branntwein bewogen, an den Jagden theil- 
zunehmen, welche bei dem früher vorhandenen 
Wildreichthum sehr lohnend waren. Nach der 
fast vollständigen Ausrottung der Strauße ver- 
kauften die Eingeborenen ihr Vieh, um Alkohol 
einzutauschen, und verarmten hierdurch mehr 
und mehr. 
Der Schnaps kostet in Kapstadt 34 Mark 
dro Anker von etwa 45 Liter, also das 
Liter etwas über 75 Pfennig. In Groß- 
Namaqualand wird das Liter mit 10 Schilling 
bezahlt, 
oder einer Ziege, doch steigt der Preis ge- 
legentlich bis zu einer Kuh, welche gleich 
60 Mark gerechnet wird. 
d. h. mit einem starken fetten Schafe 
41 
1 
  
  
Die Missionare, die einzigen früher ins 
Land gekommenen Europäer, welche den Ein- 
geborenen Wohlwollen entgegenbrachten, sind 
der Meinung, daß der Branntwein ungemein 
entsittlichend auf die Eingeborenen eingewirkt 
habe. Dagegen sind in gesundheitlicher Hin- 
sicht bei den Eingeborenen üble Folgen des 
Branntweingenusses nicht zu bemerken. Der 
Grund hierfür liegt nicht in der Widerstands- 
fähigkeit der Leute, sondern in dem Umstand, 
daß die Händler in Folge der gesunkenen Kauf- 
kraft des Landes und der beschwerlichen Trans- 
portverhältnisse gegenwärtig nicht allzugroße 
Quantitäten mitbringen können. 
AUimsomehr treten die wirthschaftlichen Nach- 
theile zu Tage, welche der Branntwein ver- 
ursacht hat. Wenn der leichtsinnige Eingeborene 
Waaren über seine Kaufkraft hinaus zu er- 
werben, so ist dies in noch viel höherem Grade 
beim Branntwein der Fall; es ist kein seltenes 
Vorkommniß, daß die letzte Zuchtkuh für eine 
Flasche Branntwein hingegeben wird. Meist 
geschieht dies im halben Rausche. Viele früher 
schon viel zu sehr geneigt ist, andere europäische 
  
–4 
recht reiche Hottentotten sind ausschließlich durch 
den Branntwein blutarm geworden. 
Heute hat die Einfuhr von Branntwein 
nach Groß-Namaqualand sehr nachgelassen und 
ist kaum mehr der Rede werth. Es ist dies 
veranlaßt durch die allmählich den Händlern 
gekommene bessere Einsicht, daß sie selber durch 
denselben nur Nachtheile haben; der Brannt- 
wein spielt heut nur bei Konzessionserwerbungen 
von Häuptlingen noch eine Rolle. Nichtsdesto- 
weniger erscheint es wünschenswerth, dem 
Branntweinhandel nach Möglichkeit entgegen- 
zutreten, da andernfalls zu befürchten steht, 
daß mit der Hebung der Produktionskraft des 
Landes, der zunehmenden Sicherheit und der 
Besserung der Transportverhältnisse jener 
Handel wieder größere Dimensionen annimmt. 
    
IV. Titterar. Besprechungen. 
Sechs Jahre Deutscher Kolonialpolitik. 
Eine Ergänzung zu Dr. Fabris Buch: 
Fünf Jahre Deutscher Kolonialpolitil. Von 
Dr. W. Weißenborn. Berlin 1890. Verlag 
von A. Deubner. Preis 1 M. 
Die vorliegende Broschüre enthält eine Dar- 
stellung der gegenwärtigen Lage der verschie- 
denen deutschen Schutzgebiete. Hand in Hand 
damit geht der Versuch, die Ursachen der ein- 
getretenen Hemmnisse der Entwickelung zu er- 
gründen. Ein besonderer Abschnitt ist „den 
Fehlern der Regierung und der Parteien“, ein 
anderer „der Kolonialpolitik im neuen Reichs- 
tage“ gewidmet. 
Wissmann, Herm. Unter deutscher Flagge 
quer durch Afrika von West nach Ost. 
6. Auflage. gr. 8. (XV, 444 Seiten) mit 
Illustrationen und 2 Karten. 12 M., ge- 
bunden 15 M. Verlag von Walther und 
Apolant, Berlin. 
Das Erscheinen einer neuen Auflage dieses 
Werkes beweist das Interesse, welches dasselbe 
gerade gegenwärtig findet und rechtfertigt eine 
kurze Besprechung des Vielen schon bekannten 
Inhalts. Das Werk schildert die Reise, 
welche der gegenwärtige Reichskommissar, Major 
Wissmann, in den Jahren Ende 1880 bis 
Ende 1883 von der Westküste Afrikas (San 
Paulo de Loanda) über den Tanganjika-See 
nach der Ostküste (Saadani) unternommen hat. 
Es war dies die erste Durchquerung Afrikas 
von West nach Ost. Die erste Hälfte dieser 
Reise legte Wissmann mit Dr. Pogge zu- 
sammen zurück. Der Erfolg ist neben der
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.