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lassen und bereits mehrfach ergänzt: soweit in
Materien des Zivilrechts noch keine Spezial-
dekrete erlassen sind, wird nach den Prinzipien
des belgischen Rechts und des diesen oder der
Zivilisation nicht zuwiderlaufenden örtlichen
Gewohnheitsrechts geurtheilt. Auf die Einge-
borenen erstreckt sich jedoch die Zivilgerichts-
barkeit nicht, vielmehr wird hier dieselbe von
den Häuptlingen unter Auussicht der Regierungs-
beamten, denen jedoch auch vielfach die Streitig-
keiten zum Schiedsspruch direkt unterbreitet
werden, ausgcübt.
Die Reorganisation der Standesämter be-
schäftigt gegenwärtig den obersten Rath. Die
lette Zählung ergab, daß sich am 31. Dezember
1891 744 Fremde, darunter 338 Belgier, im
Kongo-Staat aufhielten, gegen 25/ bezw
am Ende des Jahres 1885. Die Sterblich-
keit unter den Europäern hat sich von 7,08 pCt.
im Jahre 1886 auf 4,#80 pCt. im Jahre 1890
verringert, und glaubt man diese Besserung der
vorgeschrittenen Erfahrung in der Hygiene und
den besseren Wohnungsverhältnissen zuschreiben
zu dürsen. Auf den Stationen wirten zehn
staatlich angestellte Aerzte, welche Behandlung
und Arznei sowohl Weißen wie Eingeborenen
unenigeltlich gewähren. Mit der Errichtung
eines Sanatoriums soll noch in diesem Jahre
seitens der Schwestern vom afrikanischen rothen
Kreuz vorgegangen werden, auch beabsichtigt
man die Errichtung eines Rekonvaleszenten-
hauses in Moanda.
Die Verhältnisse des Grundeigenthums sind
am unteren Kongo so geregelt, daß die von
Nichteingeborenen oltupirten und ausgebenteten
Ländereien einregistrirt werden müssen. Ueber
diese Einregistrirung wird ein zertifikat nebst
Plan ausgestellt und ist dieses wie ein In-
haberpapier übertragbar; der Eigenthums:.
übergang ersolgt mit der Ausstellung eines
neuen Zertifikals für den Erwerber. Hierfür
wird ein Stempel von 25 Francs ohne Rück-
sicht auf die Größe des Grundstücks
Am unteren Kongo ist es den Nichteingeborenen
nachgelassen, freies Land bis zu 10 ha nach
Verständigung mit den Eingeborenen und unter
Anzeige an die Regierung zu oklupiren. In
solge dieser Maßregel ist jenseits des Matadi
die Zahl der europäischen Niederlassungen von
fünf im Jahre 1885 gegenwärtig auf 15 ge-
stiegen.
Der Kongo-Staat ist Mitglied des Welt-
postwereins und hat seit 1885 Briespostverkehr,
seit 1887 Packetpostverkehr eingerichtet, ersterer
hat sich seitdem mehr als verdoppelt, letzterer
verfünffacht. Der Postverkehr, welcher nament-
lich, was die Sicherheit der Beförderung und
die Wahrung des Briesgeheimnisses angeht, zu
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erhoben.
keinen Klagen Veranlassung giebt, leidet darunter,
daß die portugiesischen Postdampfer nicht mehr,
wie früher, monatlich in Banana anlegen.
Beim Mangel einer direkten Verbindung mit
Belgien müssen daher die Postsachen zu den
Häfen der benachbarten Kolonien gebracht werden
und bezeichnet deshalb der Bericht die Ein-
richtung einer direkten Linic zwischen Banana
und Antwerpen als dringend wünschenswerth.
Die Beförderung der Güter leidet an den
Fällen, obschon die Karawanenstraße sehr ver-
bessert worden ist, unter dem Mangel an
Trägern.
Die Schutztruppe zur Aufrechterhaltung der
Ordnung und der Sicherheit des Verlehrs,
welche aus den 100 Sansibariten, die Stanley
von 1879 bis 1883 unter seinem Befehl hatte,
hervorgegangen ist, umfaßte am 1. Jannar
d. J. 3127 Mann in Kompagnien eingetheilt,
die von 11 Hauptleuten, 10 Lientenants,
39 Unterlientenants, 60 Sergeanten komman=
dirt werden, an der Spitze steht ein Comman-
dant de lorce puhlig#ne. Die Offiziere sind
größtentheils Velgier, die Truppe zu zwei
Dritteln Fremde, jedoch soll die Relrutirung in
Zutunft der Kostenersparniß halber und aus
erzieherischen Gründen aus den Eingeborenen
siattsinden. Auch verfügt der Staat über eine
bedentende Marine sowohl auf dem oberen
wie unteren Kongo.
Die großen Ausgaben für die Kolonie
werden natürlich noch bei weitem nicht durch
deren Einnahmen gedeckt, zumal durch die Ver-
wersung der Brüsseler Konferenz-Akte durch die
französische Kammer die beabsichtigte Erhebung
von Einfuhrzöllen verhindert worden ist. Der
Etat für das laufende Jahr weist daher wieder
ein voraussichtliches Defizit von drei Millionen
Francs auf, von welchen eine Million durch
eine persönliche Beistener des Königs der Belgier,
zwei Millionen vertragsmäßig durch den bel-
gischen Staat gedeckt werden. Derselbe hat
gemäß Konvention vom 3. Juli 1890 außer
einer einmaligen bereits erfolgten Zahlung von
fünf Millionen diesen Zuschuß während zehn
Jahren zu leisten und erwirbt hiermit das
Recht der Annerion. Die Ausfuhr ist übrigens
von 1 980 111 Francs im Jahre 1887 aus
8212190 Francs im vergangenen Jahre ge
stiegen; die Einfuhr betrug 1890 etwa
!12¼ Millionen Francs: für das laufende
Jahr ist aber nach dem Bericht ein wirthschaft-
licher Fortschritt des Staates nicht zu erwarten.
Drei Häfen am unteren Kongo, Banana, Boma
und Matadi sind für die größten Seeschisse
erreichbar und betrug der Schiffsverkehr, welcher
sich in Folge einer durchgeführten Betonnung,
der Einrichtung eines Leuchtfeuers zu Banana