Full text: Deutsches Kolonialblatt. II. Jahrgang, 1891. (2)

thumsverhältnissen der Eingeborenen eingeholt 
werden. Außerdem werden vom Board die 
Besugnisse der vom Administrator bestelllen 
Verwaltungsbeamten für die Eingeborenen und 
Gerichtshöfe für Streitigkeiten dieser unter- 
einander oder mit Europäern begrenzt. 
Als untere Verwaltungsbeamte sollen Ein- 
geborenen-Vorsteher bestellt werden und zwar 
können diese Beamten sowohl Eingeborene wie 
Nichteingeborene sein. Die Strafgerichtsbarkeit 
wird in unterster Instanz für leichtere Fälle 
von Magistrats-Gerichten (natirec magistrates 
courts) ausgeübt, für welche die Gerichtstage 
und -Orte vom Administrator bestimmt werden. 
Das Gericht besteht aus einem Eingeborenen- 
Vorsteher als Einzelrichter, zu welchem für dic 
erste Zeit nur ein Europäer genommen werden 
soll, jedoch soll dieser Eingeborene zuzichen, 
damit dieselben die Ausübung der Rechtspflege 
lennen lernen. Appellhof für die hier abge- 
urtheilten Sachen und Gerichte erster Instanz 
für schwerere Fälle sind die Distriktsgerichte, 
aus wenigstens drei Richtern, von denen einer 
ein europäischer Beamter sein muß, bestehend: 
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oberster Appellhof ist endlich der Central- 
Gerichtshof, welcher zugleich mit der Aufsicht 
über die anderen Gerichte betrant ist. Als 
Strafe ist sicts Einsperrung bestimmt, um die 
Gewohnheit der Eingeborenen, 
Zahlung zu fühnen, zu unterdrücken. Personen 
unter 14 Jahren dürfen nicht gefangen ge- 
halten, können jedoch auf Anordnung des Ge- 
richts gezüchtigt werden. Wenn nicht anders 
bestimmt wurde, ist die Einsperrung mit harter 
Zwangsarbeit verbunden. Von den Magistrats- 
Gerichten kann als höchste Strafe durch einen 
Enropäer auf sieben, durch einen Eingeborenen 
auf drei Tage Einsperrung erkannt werden. 
Für Civilsachen bei Streitigleiten der Einge- 
borenen über Eigenthum an Mobilien, Be- 
nutzung von Land, Wasser und Nissen und 
Schadensersaßz sind nur europäische Beamte 
als Gerichts= und Einigungsbehörde zuständig, 
jedoch können dieselben nicht über das Eigen- 
thum an Immobilien entscheiden. 
Zur Unterstützung der Magistrate ist eine 
Polizeitruppe geschaffen worden, deren Stamm 
aus Leuten der Fiji-Truppe gebildet ist. Die 
Zahl der Mannschaft wird vom gesetzgebenden 
Nath bestimmt. Kann diese Zahl durch Frei- 
willigen-Anwerbung nicht ausgebracht werden, 
so kann jeder männliche unverheirathete Einge- 
borene von 17 bis 10 Jahren für die Dauer 
von höchstens drei Jahren in die Truppe ein- 
gesiellt werden. Die letztere Bestimmung soll 
jedoch einstweilen noch nicht ausgeführt werden damit freien Handel zu treiben. 
Unrecht durch 
Bewußtsein bringen, zur Aufrechthaltung der 
Ordnung, wenn nöthig, Hülse zu leisten. 
Der Voranschlag der Ausgaben für die 
Kolonie weist, abgesehen von besonderen Auf- 
wendungen für den daselbst stationirten Dampfer 
„Merrie England“ und für Forschungsexpe- 
ditionen, für das Verwaltungsjahr 1890/91 
den Betrag von 15 000 Pfund auf. Die Ein- 
nahmen beliesen sich im vorhergeheuden Jahre 
bis 30. Juni 1890 auf 3015 Pifd. Sterl. 
Den vier in Britisch-Neu-Guinen thätigen 
Missionen, welche sich, nebenbei bemerkt, über 
eine Abgrenzung ihrer Wirkungskreise geeinigt 
haben, ist das erbetene Privileg der Zollfreiheit 
abgeschlagen worden. 
!———————————N A. MA. A. . AM.. A& 
Titterarische Besprechungen. 
Vom Viktoria Nyanza über Tabora 
nach Bagamoyo. Von Dr. Wilhelm 
Junter. (Mit Karte.) 
Das August-Heft von Dr. Peter- 
manns Mittheilungen enthält einen Aussatz 
Dr. Junters über seine Reise vom Diktoria 
Nyanza nach Bagamoyo, also quer durch unser 
ostafrikanisches Schutzgebiet. Bekanntlich gelang 
5 Dr. Junker endlich auf diesem südlichen 
Wege im Jahre 1886 den Ausgang aus 
Central-Afrita zu sinden, nachdem er seinen 
Aufenthalt daselbst in Folge der Mahdisten- 
lämpfe auf über 6 Jahre hatte ausdehnen 
müssen. Dr. Junker beschäftigt sich hier ins- 
besondere mit dem Landschaftlichen und hebt 
die Unterschiede hervor, welche in dieser Hin- 
sicht zwischen diesen südlich vom Aequator ge- 
legenen Ländern und den nöärdlich gelegenen 
Ländern beslehen, in welchen er so lange Zeit 
verweilte. Von Inleresse sind namentlich seine 
Bemerlungen über Bodenkultur, Handel und 
Verlehr. „Die Bodenkultur“, so bemerkt er, 
„ist in allen Ländern südlich vom Viltoria-Sce 
weit geregelter und der Boden wird weit mehr 
ausgenutzt, als in den Neger-Ländern nördlich 
vom Acquator. Der Grund dafür ist der seit 
Jahrzehnten lebhafte Verkehr der arabischen 
Handelszüge von Sansibar; er hat auch die 
einheimische Bevölkerung in nähere Berührung 
miteinander gebracht und den Handel gehoben. 
Der Neger lernte Bedürfnisse lennen, verlangte 
nach europäischer Waare und produzirte aus 
freien Stücken, ohne im Joch des Frohndienstes 
zu stehen, mehr als er für esich bedurfte, um 
Das aber ist 
und nur den Eingeborenen ihre Pflicht zum eben der gewaltige Unterschied zwischen diesen
	        
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