Full text: Deutsches Kolonialblatt. II. Jahrgang, 1891. (2)

Das vorliegende Werk zerfällt in zwei 
Haupttheile bezw. Bände, von denen der erste 
uns vorliegende die natürlichen Faltoren der 
tropischen Flora und Fauna einer eingehenden 
wissenschaftlichen Untersuchung unterzieht. Der 
Herr Verfasser stützt sich bei dieser Arbeit auf 
eine 7 jährige Thätigkeit als praktischer Land- 
wirth, auf ein y jähriges wissenschaftliches 
Studium und auf die Ersahrungen und For- 
schungen fast 3 jähriger Neisen in Europa, 
West-Afrika und Süd-Amerika. In der Einleitung 
wird an verschiedenen Beispielen dargelegt, in 
wie mannigfacher Weise sich der Einfluß des 
Menschen auf die Verbesserung der nalürlichen 
Produktionsfaktoren geltend macht. Junsbe- 
sondere schildert der Verfasser hier die groß- 
artigen Erfolge der Bewösserungsanlagen in 
Algerien. Nach eingehendster Erörterung der 
Einwirkungen des Klimas und des Bodens 
auf die Pflanzenwelt, wendet er sich zu den 
wildwachsenden Naturerzeugnissen und ihrer 
Abhängigkeit von natürlichen Grundlagen, indem 
er namentlich auf die Schlüsse Werth legt, 
welche sich aus den tropischen Vegetations 
sormen eines Landes aus dessen Kulturfähigleit 
ziehen lassen. Im letzten Theil dieses Bandes 
bespricht er ausführlich die einzelnen tropischen 
und subtropischen Kullurgewächse und Haus- 
thiere mit ihren Vegetations= und Existenz- 
ansprüchen. Seine Darstlellung der Lehre von 
den tropischen Kulturpflanzen unterscheidet sich 
insofern von dem auf diesem Gebiete grund- 
legenden Werle Semler's „Die tropische Agri 
lultur, ein Handbuch für Pflanzer und Kauf- 
leute“, als sie die Vegetationsverhällnisse in 
übersichtlicher und gleichzeitig lnapperer Weise 
bringt, aber auch manche Erweiterung und 
nothwendige Berichtigung, sowie eine faßlichere 
und präzisere Form enthält. Er berücksichtigt 
bei jeder der verschiedenen Pflanzenarten 1. den 
deulschen und einheimischen Namen; 2. den 
botanischen Namen; 3. die Arten, Unterarten 
und Spielarten; 4. die ursprüngliche Heimath, 
sowie die Hauptlulturländer; 5. die Vegetations- 
dauer in spczieller Rücksicht auf rein wirth- 
schaftliche Kullurfragen; 6. das Temperatur- 
bedürfniß; 7. das Belichtungs-und Beschattungs- 
bedürfniß; 8. das Feuchtigkeits= und Nieder- 
schlagsbedürfniß; . die Anforderungen an 
die physikalische Beschaffenheit des Bodens; 
10. die chemische Analyse mit Rücksicht auf 
die Ausnutzung des Bodens in Verbindung 
11. mit dem Nährstoffbedürfniß; 12. die 
betriebswirthschaftlichen Anforderungen der 
Pflanze; 13. die thierischen und pflanzlichen 
Feinde; 14. bemerkenswerthe Besonderheiten. 
Zum Schluß bespricht er die tropischen und 
subtropischen Hauslhiere mit Berücksichtigung 
  
ihrer Existenzansprüche und der sich hieraus 
ergebenden Möglichkeit der Einjührung in 
unsere afrilanischen Kolonien. 
Schon in diesem ersten Bande berücksichtigt 
der Verfasser hie und da besonders afrikanische 
Verhältnisse, dem Geiste der ganzen Arbeit 
entsprechend, welche in ihrem zweilen Haupt- 
theil „Die wirthschaftliche Nutzung der 
Deutschen Kolonien in Afrika“ behandeln 
wird. Wir können auf das Erscheinen dieses 
Theiles mit Necht gespannt sein und geben 
uns nach der Lektüre des ersten Bandes der 
Hoffnung hin, daß das Buch ein „standard 
work“ bilden wird, welches zu dem wirth 
schaftlichen Gedeihen unserer Kolonien in her- 
vorragender Weise beizutragen berufen ist. 
Deutsch-Ost-Afrika. Das Land und seine 
Bewohner, seine politische und wirth 
schaftliche Eutwickelung, dargestellt 
von Paul Reichard. Mit 36 Vollbildern 
nach Original-Photographien. Leipzig 1892. 
Otto Spamer. Preis: 8 Ml. 
Paul Reichard hat Jahre hindurch in 
Gebieten des gegenwärtigen Deutsch-Ost-Afrika 
gelebt und seit seiner Rückkehr, wie seine 
Schriften größeren und kleineren Umjanges 
zeigen, die afrikanischen Verhällnisse fortgesetzt 
studirt. Das vorliegende über 500 Seiten um- 
sassende Wert bildet dementsprechend einc mit 
vieler Sachkenntniß verfaßte gute llebersicht 
über die Entwickelung und die Lage der 
Kolonie. Neben einer Darstellung der geschicht 
lichen und politischen Ereignisse, insbesondere 
mit Bezug auf die Erwerbung durch Deutsch- 
land und die Kämpse während des Aufstandes, 
schildert der Verfasser anschaulich und aus 
führlich Land und Leute und unterzieht alle 
wichtigen Fragen einer eingehenden Erörterung. 
Aus den Ausführungen des Verfassers über 
Klima und Akklimatisation möchten wir zunächst 
Einiges hervorheben, weil es in ganz besonderer 
Weise für diejenigen, welche sich nach dieser 
Kolonie begeben, beherzigenswerth erscheint. — 
„Das Klima“, so sagt er, „ist im großen und 
ganzen ungesund; dennoch vermag der Europäer 
ohne Schaden für seine Gesundheit eine Reihe 
von Jahren dort auszuhalten. Es hängt dies 
zu einem guten Theil von seiner Lebensweise 
ab, vorausgesetzt, daß er mit einer für den 
dortigen Aufenthalt geeigneten Konstitution aus- 
gestatlet ist. . Die meisten Europäer sündigen 
gegen ihre Gesundheit, und diese find es, 
welche das Klima Ost-Afrikas in so üblen 
Nuf gebracht haben. Welch unvernünftiges 
Leben dort geführt wird, vermag man nur
	        
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